Interview aus 2018: Beobachtung der Extremen Rechten

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Allgemein / Antifa / In eigener Sache
Ich bei der Arbeit mit Kamera

Ende 2018 habe ich im Rahmen einer Forschungsarbeit ein Interview gegeben. Vor einigen Tagen habe ich das Ergebnis zugesendet bekommen. Mit mir wurden zwei weitere Menschen interviewt. Diese Inhalte sind mir aus Datenschutzgründen nicht zugesendet worden. Das ist richtig  und muss so.

Nachdem ich es gelesen hatte und es überraschenderweise selbst gut fand, habe ich erfragt ob ich es veröffentlichen dürfe. Das wurde intern abgeklärt und ich habe nicht nur das OK bekommen, sondern auch eine voll anonymisierte Version. Danke dafür.

Inhaltlich habe ich nicht eingegriffen. An einigen Stellen eine Anmerkung hinzugefügt und zwecks besserer Lesbarkeit Absätze eingebaut. Das bedeutet für die Lesenden hier aber trotzdem, es ist teilweise wirklich anstrengend zu lesen, weil alles gesprochen und im Nachgang transkribiert wurde.

Einleitung

  • Kannst Du Dich und deine Arbeit kurz vorstellen?
  • Welches Spektrum (Gruppierungen) wird/wurde von Dir beobachtet?
  • Seit wann beobachtest Du dieses Spektrum, bzw. in welchen Zeitraum hast Du es beobachtet?
  • Arbeitest Du noch aktiv in den Beobachtungen?
  • Welche Rolle/ welches Selbstverständnis nimmst Du für Dich bei der Beobachtung ein? (Teilnehmend? / Kleidung? / …)

Form und Formate

  • Über welchen Zugang zum Spektrum [Extreme Rechte] verfügst Du?
  • Wonach wählst Du diese Zugänge aus (Pragmatisch / Thematisch)?
  • Was genau wird von Dir beobachtet (Bewegung, Sprache, Handlungen?)
  • Welche Mittel und Methoden nutzt Du zur Beobachtung?
  • Wird durch die Wahl der Mittel zur Beobachtung eine Effektivität der Dokumentation verfolgt?
  • Wenn ja, welche?
  • Welche Qualitätskriterien legst Du an deine Arbeit an?
  • Wie dokumentierst Du deine Beobachtungen?

Motivation & Selbstgefährdung

  • Aus welcher Motivation beobachtest Du, dass von Dir gewählte Spektrum [extreme Rechte] (Lohnarbeit, politische Motivation)?
  • Welches Ziel verfolgst Du mit deiner Arbeit?
  • Was ist der Sinn und Zweck deiner Beobachtung (Aufklärung, Prävention, Strafverfolgung)?
  • Welche Grenzen setzt Du Dir innerhalb deiner Arbeit?
  • Ergreifst Du besondere Maßnahmen zum Selbstschutz?
  • Wenn ja, welche (Schutzausrüstung, Sicherheitsmaßnahmen, Begleitung)?
  • Welche Einschränkungen in deiner Tätigkeit oder Bedrohungssituationen, hast Du in Folge deiner Arbeit bereits erfahren?

Verwertung und Veröffentlichung

  • Wie veröffentlichst Du deine Beobachtungsmaterialien?
  • Gibst Du deine Materialien an dritte weiter?
  • Wenn ja, wem wird deine Arbeit zu Verfügung gestellt und wem auch nicht?
  • Und in welcher Form? (Wissen die Kooperationspartner*innen dabei wer Du bist? Kontext von Selbstgefährdung)
  • Wonach wählst Du die Kooperationspartner*innen aus?

Ausklang

  •  Welche Perspektive glaubst Du, würde die Verwendung deiner Beobachtungen im breiten wissenschaftlichen / gesellschaftlichen Kontext einnehmen können? (Wie fändest du es, wenn deine Beobachtung im wissenschaftlichen oder gesellschaftlichen Kontext aufgegriffen wird?)
  • Gibt es noch etwas, was im Interview noch nicht genannt wurde, was Du aber noch sagen oder ergänzen möchtest?
  • Was erhoffst Du Dir in der Zukunft, mit Blick auf deine beobachtende Tätigkeit?

Anlage B: Experten-Interview (IP1)

Thema: Beobachtung der Extremen Rechten

  • Aufnahmenummer: 1
  • Aufnahmetag: 12.12.2018
  • Dauer der Aufnahme: 1:24:58  Stunden
  • Name der Aufnehmenden/Interviewenden: N.W. (I1.1)

V. P. (I1.2)

  • Name der Transkribierenden: N.W., H. V.
  • Charakterisierung des Gesprächs: Interview

Charakterisierung der Sprechenden:

  • Deckname: IP1
  • Geschlecht: männlich
  • Beobachtungsart: aktivistisch-journalistischer Fotograf bei Demonstrationen und Veranstaltungen der Extremen Rechten

Besonderheiten in der Interviewsituation:

  • Das Interview fand in einem öffentlichen Café/ Restaurant statt, die Umgebungssituation war etwas lauter. Durch eine Ecke am anderen Ende des Raumes konnte das Interview jedoch fast ungestört stattfinden.
  • Es gab zwei Unterbrechungen von außerhalb. Die Erste als Getränke bestellt wurden und die Zweite als diese gebracht wurden. Nach diesen Unterbrechungen konnte jedoch direkt wieder an das Interview angeschlossen werden.
  • In einer Situation wurde vom Interviewenden verlangt das Aufnahmegerät auszustellen. Dieser Aufforderung sind die Interviewten nachgekommen. Das Gesagte wurden in Notizen mitgeschrieben.

Charakterisierung des Transkripts:

  • Das Interview wurde teilweise geglättet und bereinigt
  • Die Anonymisierung fand mithilfe der Tabelle 1: verwendete Anoymisierungs- und Transkriptionsregeln (vgl. S. 13) statt. Die Anonymisierung ist innerhalb dieses Interviews aufbauend und einheitlich.

IP1: So, Aufnahme läuft. Test, Test, Test, ja das sieht so aus. Müsste funktionieren.

I1.1: Ja, dann fangen wir mal an. Magst du erstmal dich und deine Arbeit kurz vorstellen, zum Einstieg?

IP1:  Ja, das ist ja schwierig irgendwie. Ich bin halt gegen Nazis und mache in meinem Rahmen, in meinen Möglichkeiten das, was ich für richtig halte. Das ist so eigentlich meine Hauptmotivation gewesen. Ich hab das schon in den 90er Jahren gemacht, allerdings auf ’nem anderen Level. Also ich hab zu dem Zeitpunkt – also ich mache auch heute noch Musik -, aber damals eben sehr aktiv mit Bands. Und das war die Zeit Rostock, Solingen, Mölln, diese ganzen schlimmen Sachen, die da passiert sind. Das man, das ich mir damals überlegt habe, ich will irgendwas gegen Nazis machen. Allerdings halt auch auf ’nem Niveau was für Musiker normal ist. Das heißt, man nimmt an so Rock gegen Rechts-Veranstaltungen teil und ich hab hier in Z1.1 eine organisiert damals. Das war so damals das Level, das ich gefahren bin. Und alleine das hat schon dazu geführt, dass damals diese, das war jetzt nicht irgend ’ne Neugründung, aber das war so der Beginn der RB1.1 und RB1.2. F1.1, der grade nicht so am freien Leben teilnehmen darf, wars dann halt so, dass der Proberaum, wo ich gespielt habe in ’ner Band, auf ’ner Liste geoutet wurde, als mögliches Anschlagsziel. Wir haben das nie wirklich ernst genommen, aber das war schon immer so ’n Wink mit dem Zaunpfahl. Okay, wenn du dich da gegen die Leute stellst, dann gibt’s halt auch irgendwie immer Stress. Und ich kann mich da noch an eine Nacht erinnern, wo sie irgendwann mal -ich glaub gar nicht, dass das mir galt damals, sondern ich glaub eher, dass das so deren Selbstverständnis war, -da sind die so Heil Hitler rufend nachts mit mehreren durch die Straßen gezogen, in der STR1.1 war das. Und fühlte für mich sich sehr sehr unangenehm an und ich habe tatsächlich auch Angst bekommen. Das war in den 80er Jahren. Also mein erstes Leben, sozusagen. Und ich habe mich dann entschieden, aus der STR1.1 raus zu ziehen, auch aus anderen Gründen, aber da passt man halt viele Sachen zusammen und ich habe mein Engagement damals eingestellt. Ich bin also zu dem Zeitpunkt quasi aus meinem Engagement gegen Rechts ausgestiegen, weil ich auch irgendwie anderen Dinge im Kopf hatte.

2012 habe ich mich aus anderen Gründen wieder politisiert. Und von dem Zeitpunkt war klar, dass ich mich politisch engagiere. Ich bin dann auch in eine Partei eingetreten. Ich suchte allerdings auch Aufgaben für mich, abseits von dem. Mein Lebenswandel hat sich da vollzogen und für mich war das eben ganz dringend wichtig, irgendetwas zu tun für Menschen und so. Weil ich das Gefühl hatte, in meiner Zeit vorher viele Dinge sehr falsch gemacht zu haben und so ’n Bedürfnis hatte, was zu tun. Und dann kamen halt innerhalb der Partei irgendwann so „Was willste denn machen?“ Worauf haste denn Bock? Was kannste dir denn vorstellen?

Ja, für mich war klar, was ich dann mache. Irgendwas gegen Nazis, weil das ist irgendwie Thema und hier in Z1.1 war’s durchgängig immer ’n Thema tatsächlich. Aber dann war ja auch irgendwann schnell klar, da kommen halt so Bewegungen, dann kam ’n bisschen später die AfD als Partei bzw. auch schon PEGIDA die ersten Schritte. Dann gabs halt diese Montagsmahnwachen, wo’s deutlich so ’ne Anschlussfähigkeit von Nazis und auch von rechten Gedanken in so ’ne sogenannte Mitte möglich war – auch nach links teilweise sogar. Und dann hab ich halt Bündnisarbeit gemacht, bin das erste mal bei LB1.1 gewesen, dann bei LB1.2, hab bei beiden Bündnisse mitgemacht, die haben durchaus Dinge unterschiedlich gemacht, aber bei den großen Aktionen auch immer zusammen gearbeitet.

Das hat sich dann irgendwann im Sande verlaufen, weil das klassische in diesen Strukturen ist dann, dass sich sowas nach ’ner gewissen Zeit irgendwie auch auseinanderdividiert. Wobei auch mein großer Kritikpunkt heute an vielen linken Bündnissen, die sagen wir müssen so groß wie möglich sein ist, dass das Thema Antisemitismus kaum Gehör findet und man das lieber auslässt, weil in den meisten Strukturen halt auch Antisemitismus von links vertreten ist.

Es war dann halt damals so, dass wir sagten wir wollen ein neues Bündnis machen. Und ich hab dann damals mit einigen anderen das Bündnis LB1.3 in Z1.1 gegründet. Also ich bin Namensgeber von LB1.3. Die haben das Bündnis dann in’s Leben gerufen. Wir haben Anfang 2014 unsere erste Blockade gemacht in der Stadt Z1.2 war das damals glaub ich. oder ein bisschen später, das weiß ich jetzt gar nicht genau. In dem Gründungsjahr auch gleich aktiv geworden und waren auch relativ erfolgreich. Und danach ist es dann aber auch so gewesen, dass die anderen Bündnisse sich aufgelöste haben, weg waren.

Also eigentlich gibts im Moment nur noch LB1.3 und da bin ich auch seit knapp einem Jahr jetzt raus, mittlerweile glaub ich ist da auch nicht mehr so aktiv. Das ist tatsächlich so, dass Nachwuchs wegbricht. Es fehlen junge Menschen, die sich engagieren wollen. Ich habe auch Verständnis dafür, dass merkt man in gewissen Strukturen so, wenn Leute dann anfangen zu studieren, Familiengründung vielleicht, sich beruflich orientieren, dass dann kein Platz mehr ist für andere Dinge und das ist tatsächlich auch traurig, aber nachvollziehbar. Uns fehlen halt tatsächlich Leute.

Deswegen bin ich das was ich jetzt bin. Irgendwann habe ich dann angefangen, mein politisches Engagement hauptberuflich (Anmerkung: Mitarbeiter zweier MdL in NRW) zu betreiben. Mein Hauptteil der Arbeit war, das zu machen was ich so tue. Allerdings mit ’n paar Stunden in dem Büro. Letztendlich habe ich da aber auch genau das gemacht, recherchiert im Netz irgendwie, hier und da mal Texte formuliert, getwittert oder eben mich vorbereitet und dann auch tatsächlich Aktionen mitgemacht. Ich hab zum Beispiel während meiner Arbeitszeit damals 8 Wochen lang das Camp für syrische Geflüchtete betreut. Also damals war das noch so Mischung aus ich tue etwas für Geflüchtete und ich agiere gegen Nazis.

Damals hatte ich dann aber n Schlüsselerlebnis Mitte der 2010er, das war dieses Camp für syrische Geflüchtete in Z1.1. LB1.4 hieß das damals, den Hashtag findet man auch noch bei Twitter. Das ich halt 8 Wochen lang jeden Tag zwischen 12 und 15 Stunden da war und das ohne Pause. Ich glaube danach hatte ich das, was man Aktivist*innenburnout nennt. Ich war am Ende mit allem. Ich hab mich selber nicht mehr gefühlt. Hatte meinen Selbstbezug komplett verloren, weil ich ja die ganze Zeit immer nur für andere da war, aber es funktionierte aufgrund meiner Reichweite damals schon bei Twitter, wenn was gebraucht wurde, hab ich das getwittert. ‚Ne Stunde später war der Kram da.

Ich hab dort viele Geschichten gehört, das war schlimm. Wir haben auch Nazis gescoutet. Die haben halt immer irgendwie versucht, daran zu kommen. Aber in erster Linie habe ich halt Dinge versucht zu organisieren, die im Camp fehlten. Und danach bin ich dann komplett zusammengebrochen. Und da war mir klar, ich kann das nicht beides leisten und meine Intention war dann, ich hab da mal drüber gebloggt. Ich glaube diese Refugee Welcome-Geschichte ist eher Mitte-anschlussfähig und deswegen sind da eher Leute bereit, das zu tun. Aber das, was ich eigentlich machen will, gegen Nazis agieren auf ’nem krassen Level, das machen weniger Menschen und dafür hab ich mich dann entschieden. Hab das ganze Refugee Welcome-Ding weggelassen, weil ich nicht mehr beides konnte und hab mich dann komplett gegen Ende 2015 auf diese gegen Nazis-Dinge entschieden.

Und tja, dann kam eins nach dem anderen. Irgendwann fing es an, journalistisch zu werden. Begleitung, Fotos machen, Bilderalben erstellen. Grob Vorbilder hatte ich so wie den Sören Kohlhuber oder den PM Cheung. Ich fand das halt toll, das man, wenn man nicht dabei sein konnte, im Nachgang viele Bilder sehen konnte und auch sehen konnte, welche Leute so da sind. Und ich wollte das auch halt machen. Dann hat sich das ergeben.

Irgendwann, auch ’n Schlüsselerlebnis an der Stelle tatsächlich, was wichtig ist, mir fehlte bei einer Veranstaltung die Möglichkeit, aus der Entfernung heran zu zoomen. Weil einer, ja genau, der F1.2, der jetzt auch gerade gesiebte Luft schnuppert hier in Z1.1, hatte ein neues Tattoo und es war nicht deutlich zu erkennen so aus 70 m, ob das jetzt irgendwie ein NS-Bezug zu erkennen ist bei der Art Totenkopf. Und dann fragte mich ’n befreundeter KOL1.1 auch, was denn so ’ne Kamera auf so ’nem Level kosten würde, und das werde ich halt nie vergessen. Hab ich n bisschen gegooglet und dann hat er mir die Kohle gegeben und gesagt hier, ich schenk dir das. Kauf dir die Kamera, du machst gute und wichtige Arbeit und hat mich so unterstützt. Das war das erste Mal, dass ’n Feedback kam, wo ich gesagt, wow, das find ich jetzt relativ cool.

Ich hab mir dann halt ’ne Kamera gekauft, mit der ich halt ’n echten Zoom habe und keinen digitalen und mit der arbeite ich auch heute noch, die ist jetzt ein paar Jahre alt und funktioniert für mich immer noch hervorragend. Wobei Lichtleistung bei Dunkelheit eher mäßig, wobei den Schritt, den man dann gehen müsste, den kann ich mir finanziell halt nicht leisten, also bleib ich dabei. So, erste Frage schon eine Stunde weg. Ich bin leider so.

I1.1: Alles gut. Was beobachtest du so heute? Was sind das für Gruppierungen, die du dir anguckst?

IP1: Der Kernbereich sicherlich ist so die Z1.1 Naziszene und das drumherum. Dabei muss man dann auch ein bisschen zurückgehen. Es gab schon in den 90er Jahren Leute wie den F1.1 die ich durchaus wahrgenommen habe. Und mich aber wenig mit Strukturen beschäftigt und das aber dann mit dem Aufbau von bundesweiten Strukturen ein legaler Rahmen für verbotene Einzelorganisation gefunden wurde. Das macht F1.3 in Perfektion quasi.

I1.1: Du meinst jetzt den RB1.3. (…) Aber dann hat sich natürlich ergeben, dass ich glaub der Grund, dass ich dann auch weiterhin darüber hinaus gegangen bin, waren so diese Montagsmahnwachen, die sich nach Z1.3, also die erste so in Z1.3 war so ’ne Geschichte mit F1.4, F1.5, F1.6, also diese ganze Blase die ich so im Bereich Verschwörungstheoretiker einordnen würden. F1.4 hat sich ja anders entwickelt, aber damals war das so. Und dann bildete sich hier in Z1.1 auch so ’ne Gruppierung. Hier war das damals so, dass die KP1.1 diese Montagsmahnwachen gemacht hat. Das war so diese Hartz4-Montagsmahnwachen, also wo ich sage, naja die sind scheiße weil antisemitisch, aber die tun niemanden wirklich weh, und irgendwann erledigt sich das mit dem Alter von selbst, dann sind die halt weg. Aber die haben viel Geld im Rücken.

Zu dem Zeitpunkt war es aber so, weil Montagsmahnwachen die Z1.1 Rechten versuchten dort anzudocken. Also diese Querfront aufzumachen. Das heißt, wir haben inhaltliche gleiche Themen – dann sollten wir auch ruhig zusammen gehen. Also für soziale Errungenschaften etc. blabla. Völlig schlimm und die Leute von der KP1.1 die wussten nicht, wen – da stand dann plötzlich F1.2 am Open-Mic der Z1.1 Nazis und ich bin dann dahingegangen und hab gesagt: Hey Leute, wisst ihr eigentlich, wer da am Mikrofon steht? – Nö.

Für Menschen, die sich politisch in Z1.1 engagieren, zumindest das so sagen und dann sagen, wir lassen hier Leute am Mikrofon reden, wir wissen nicht wer das ist, gerade wenn’s halt Z1.1er krasse Nazis sind – und F1.2 war damals schon scheiße. Ist schon merkwürdig. Aber gut, dann hab ich die aufgeklärt. Danach wurde dann – haben die dann so ’n Splitt vollzogen. Die haben denen das Rederecht entzogen. Das hat für viel Tumult gesorgt. Ich werd das nie vergessen. Ich hab das fotografiert und im Nachgang auch darüber geschrieben, dass es da ’ne große – viel Polizei, viel Theater, dann splitterten die – standen an der STR1.2 die KP1.1 und diese Split-Gruppe, die eigentlich diese eher rechts-orientierte Montagsmahn-wächtler sind hinter die STR1.2 gegangen und von da an gab es zwei Montagsmahnwachen.

Einmal an der STR1.2 und einmal am Bahnhof gegenüber – STR1.3 oben. Da gibts auch in meinem Blog Bilder dazu, da sieht man F1.7 und auch dieser andere – Namen, ah weiß ich nicht. Auch n bekannter Menschen in dem Zusammenhang. F1.8, ja genau. der auch genau dieser Blase zuzuordnen ist – übrigens halte ich den für ziemlich gefährlich. Ist aber ruhig geworden, um diese Leute. und F1.6, der war dann auch mal hier in Z1.1. Und das war dann damals der Punkt, wo ich dachte da ist so ne Anschlussfähigkeit und das muss man beobachten. Dann kam halt irgendwann PEGIDA dazu, dann kam die AfD und das sind jetzt so die Sachen die ich halt so mache, weil man sieht das sehr schön, aktuell in der Entwicklung, schauen wir mal kurz nach Chemnitz Ende August- das zweite Wochenende, wo es diese krassen Eskalationen gab, wo die AfD zu einer Demonstration aufgerufen hatte und dann die Polizei abgesperrt hatte und dann diese Polizeiabsperrung durchbrochen wurde.

Bei dieser Demo hieß es damals in den Medien: Erstmals ein Zusammenschluss der AfD mit autonomen Nationalisten mit RP1.1, mit allen Kräften, PEGIDA, so Bachmann und so Leute waren ja auch da, Höcke war da, aber eben auch Z1.1 Neonazis waren da. Und das ist faktisch nicht richtig, weil ich bereits im März des Jahres -März Mai, müsste ich jetzt in meinem Flickr-Album gucken- Z1.4, da waren es die RB1.3, die übrigens F1.8 machte die, die jetzt auch gesprochen hat am Wochenende in Z1.5, die ist auch sehr agil- dass es da schon den Zusammenschluss gab. Also selbst in Z1.4 im März, das war kurz nach dem der schreckliche Mord an Mia war in Kandel, da rief Kandel ja dazu auf, was zu machen. und am gleichen Wochenende war in Z1.4 was, und da waren ganz viele Menschen und da waren die auch alle da. Da waren AfD, PEGIDA, da waren RP1.1, da waren Autonome Nationalisten, alle Gruppierungen waren da, das war sehr deutlich erkennbar.

Das heißt, deswegen macht es Sinn, über den Tellerrand zu gucken, über Z1.1 hinaus, weil ich glaube, dass die große Gefahr nun die ist, dass diese Gruppierungen darauf warten, einen sogenannten Startschuss zu bekommen, das heißt also ein Grenz oder Spektren übergreifendes Thema, wo sich alle drauf einigen können. Wir haben damals gedacht, dass der Mord, was dann hinterher ein Selbstmord war, in Z1.6 durchaus so ein Ereignis hätte sein können. Also wenn sich herausgestellt hätte, dieser Nazi, damals der Mitbegründer von RB1.4, ich weiß den Namen jetzt nicht, ist ermordet worden, dann hätte das tatsächlich so ein Zug sein können. Aktuell würd ich sagen, Gelbwesten haben Potenzial, aber das kann man in Deutschland noch schlecht abschätzen, weil die ja hier ja ganz klar von rechts dominiert sind, da muss man einfach mal gucken, wie sich das entwickelt. Ich glaube, es ist noch nicht so weit. Aber es war schon heikel an so Punkten – jeder neue – gestern wieder gehört beim Weihnachtsmarkt, die brauchen nur so ein Signal und alle hetzten gleich im Netz los und irgendwie hat man das Gefühl, die warten auf dieses verbindende Element. Und wenn das kommt, dann kann das dazu führen, dass die Dämme brechen. Das macht mir große Sorgen, und nicht nur mir, aber so weit sind wir halt noch nicht.

I1.1: Welche Rolle nimmst du für dich bei den Beobachtungen ein? Wie siehst du dich selbst?

IP1: Ja, also ich bin Mitglied in einem Verband, der Presseausweis (Anmerkung: bundeseinheitliche) ausstellen darf. Allerdings würd ich mich nicht mit den klassischen Journalisten gleich setzten wollen auch, weil was ich selten mache ist so tiefe Recherche, weil ich da kaum Zeit zu habe, weil ich mich ja auch zwischen den Aktionen erholen muss und deswegen würde ich mich eher aktivistischer Journalist nennen. Also so ne Mischung. In erster Linie begleite ich Demonstrationen, schreibe natürlich auch immer so einenn Kurzbericht, den ich bei auch auf Flickr veröffentliche, das ist ja eine journalistische Tätigkeit. Ich will halt diese Dokumentationsmöglichkeit bieten, dass Leute die halt nicht vor Ort sein können, weil sie halt woanders wohnen, also ich möchte eben gerne wissen, welche Leute waren in Chemnitz wenn ich da nicht sein kann, genauso wollen Leute aus Chemnitz vielleicht wissen, wer ist in Z1.1 unterwegs, wenn ich da nicht sein kann. Deswegen mache ich diese Arbeit. Also journalistischer Aktivismus oder aktivistischer Journalismus, das ist so ne Mischung. Es gibt ganz tolle und wichtige Journalisten, so Leute wie Patrick Gensing oder Georg Restle oder so, die halt auf nem anderen Level arbeiten. Mit denen würde ich mich nie messen wollen, weil deren Ebene kann ich oder werde ich wahrscheinlich nie erreichen. Das will ich aber auch gar nicht. Ich denke, das ist so, dass es jede Ebene geben muss und die sich gegenseitig Dinge zuspielen, befruchten oder wie auch immer. Ich bin ja durchaus mit allen auch irgendwie vernetzt.

I1.1: Aber jetzt bei den konkreten Beobachtungen ist es dann so, dass du eher hinter den Polizeiketten stehst und irgendwie an Veranstaltungen teilnimmst, um dann hinterher darüber zu schreiben?

IP1: Ich bin schon bei den Nazis direkt. Also ich begleite die Demonstration. Ich mache keine Gegenproteste, das habe ich früher gemacht, also LB1.3, Bündnisse gegründet, auf dem Boden gesessen, wir haben auch damals blockiert, aber in dem Moment, in dem ich mich entschieden habe, das mit der begleitenden Berichterstattung zu machen, da war es dann notwendig, praktisch mit den Nazis zu laufen. Das war am Anfang ohne Presseausweis schwieriger, ich glaube mittlerweile ist es tatsächlich egal, ob ich einen habe oder nicht, weil die meisten Einsatzkräfte mich kennen, also ich komm halt überall hin, die wissen auch, dass ich jetzt nicht derjenige bin, der reinranntet oder die anschreit oder anbrüllt- nur wenn ich angegriffen werde, das ist klar. Wobei es immer noch oft kommt: Ja, wir können sie nicht schützen, bitte kommen sie mal weg da. Aber das ist mit der Pressefreiheit n bisschen schwierig. aber im Grunde genommen laufe ich direkt neben den Nazis.

Das schönste Beispiel ist wahrscheinlich der (…). Wo es halt so war, von Anfang an, da ist überhaupt keine Polizei gewesen, ich bin trotzdem mitgelaufen, das heißt die hätten jederzeit den krassesten Übergriff ever machen können und hätten mich da totschlagen können. Das wär tatsächlich erst – ja das wäre niemanden aufgefallen. Es gab Momente in engen Straßen, wo ich gefühlt Teilnehmer der Nazis war, so eng war das da drin. Die haben mich aber in Ruhe gelassen. Und F1.9 sagte dann zum Anschluss seiner Rede an dem Abend ja, weil irgendjemand was getwittert hatte: Die drehen hier frei, also in Bezug auf REG1.1, das war ich aber gar nicht. Aber er sagte, wenn die Nazis hier freidrehen würden, dann würde der Tweet hier nie abgesetzt worden sein. Also so nach dem Motto, nur weil wir es wollen, sind hier Leute lebend rausgekommen. Das ist meine Übersetzung, meine persönliche. Das war ein klares Signal. Und eben dieses, wo ich nach wie vor der Meinung bin, das ist auch politisch noch nicht aufgearbeitet, weder im Landtag noch innerhalb der Polizei – wo waren denn die sogenannten Einsatzkräfte, (…) die angeblich vor Ort waren? Die Zahlen haben sie sich hinterher so zusammengewürfelt, (…). Ich habe deutlich weniger in meinem Umfeld wahrgenommen. Und da sind alle inklusive, auch die Zivilbeamten. Mehr nicht. Und ich bin halt da gewesen. Und da sieht man sehr deutlich, dass ich tatsächlich keine Abgrenzung mache. Ich gehe mit den Nazis mit. Das muss ich tun, sonst krieg ich keine authentische Wahrnehmung der Demonstration, des Geschehens hin. Ist so.

I1.1: Welchen Zugang hast du zu den Gruppen, die du beobachtest?

IP1: Keine. Definitiv keinen Zugang. Da grenze ich mich auch deutlich ab von denen, was man – also ich respektiere, wenn Journalisten recherchieren und sagen: ich muss aus Gründen meiner Recherche mit Nazis reden. Dann würde ich diese Journalisten immer darum bitten, sich aus Antifa-Strukturen rauszuhalten, weil das nicht zusammen funktioniert. Ich habe definitiv da keine Berührungspunkte. Will die auch nicht, lehne die ab. Mit denen gibt’s für mich keine Grundlage für einen Austausch.

Das ich natürlich froh bin, wenn ich aus so einer Situation wieder heile raus komme – Ja. Deswegen bin ich denen aber nicht dankbar. Das ist einfach – das ist so. Das soll auch so sein. Ich muss aber auch ständig damit rechnen, dass es irgendwann einmal jemand nicht so genau nimmt. Zum Beispiel wenn die irgendwo sitzen und saufen und sich überlegen: Also wir besuchen den mal zu Hause. Ich bin tatsächlich auch in meiner Wohnsituation darauf vorbereitet, Besuch zu bekommen. – muss ich. Das sind so diese – das ist auch etwas, was ich ganz wichtig finde, was man mitteilen muss, auf der Art und Weise wie ich agiere, mit Namen, dass man weiß, wer ich bin, dass man weiß wo ich wohne, ich muss da ganz klar drauf hinweisen, dass es wichtig ist, diese Entscheidung bewusst zu treffen. Weil, wenn ich Familie hätte, Frau, Kind, würde ich das nicht so machen können, weil ich Verantwortung für andere tragen würde. Jetzt lebe ich alleine, alles gut.

Ich muss damit rechnen, dass meine Lebensqualität grundsätzlich eingeschränkt bleibt, immer. Das heißt, wenn ich mich hier bewege, muss ich halt immer gucken. Ich muss aufpassen, ich muss vorsichtig sein. Wenn‘s dunkel wird, das ist ja leider im Winter eher früh der Fall, bin ich nicht gern unterwegs ohne Begleitung zum Beispiel oder ich fahre nur Taxi. Das sind so klassische Sachen, die ich auch in den Dokumentationen, die ich gemacht habe, immer gesagt habe, so nach dem Motto Hey, wieso gibt’s noch Nazis? Denke, die sind nach ’45 weg? Ne, waren die halt nie. Deswegen kann man sich sowas tatsächlich gut angucken.

Der Druck ist aktuell nicht mehr so groß, aber es gibt so Indizien, woran man das eben erkennt. Ist klar, wofür das ist (Anmerkung: Entfernt). Den habe ich immer sofort griffbereit. Und ich hatte ihn einmal in der Hand schon. Das witzige, nur eine Anekdote an der Stelle, damals waren es keine Nazis, sondern da waren es Leute vom Jugendwiderstand in Z1.6, im Bahnhof. So krass hat noch kein Nazi agiert, so wie die Gruppe gegen uns als Gruppe agiert hat. Wir waren mit drei Journalisten und zwei anderen Leuten unterwegs und die haben uns verfolgt, haben uns dann in der Bahn begleitet, habe sich um uns herum aufgebaut im Bahnhof und das war wirklich kurz davor, so schlimm war das noch nie. Aber das nur am Rande, hat ja nichts mit unserem Thema zu tun. Aber das hat ja gerade – ist witzig – hat ja gerade Friedensdemo-Watch einen Bericht über den JW Neukölln rausgebracht, der wurde ja vom Tagesspielgel und anderen aufgegriffen. und eine Kölner Nazigruppe hat sich praktisch mit dem JW solidarisiert. Schon lustig, wie sich da so Dinge entwickeln.

I1.1: Wonach wählst du aus, ob du beobachtest oder nicht?

IP1: Also ich versuche erstmal alles mitzunehmen, was geht. Es gibt aber Punkte im Moment, ich sage jetzt– an diesem Wochenende war ich in –boar, mein Zeitplan ist Wahnsinn– das war Z1.5 und Z1.7, davor das Wochenende war Z1.7, Z1.1, Z1.6. Häufig Wochenenden. Und da war es tatsächlich so, dass ich mir das vorletzte Wochenende so gedacht habe, die Z1.1 Nazis machten hier mehrere Infostände. Und ich dachte mir, ach komm scheiße, lass die mal Nazis sein. (…) Und dann dachte ich mir, ich mach mal irgendwas, was weniger anstrengend und guck mir mal die RB1.5 (Anmerkung: Gelbe Westen) in Z1.7 an. Ja das ist ziemlich danebengegangen. Aufgrund der Agitation innerhalb, aus der Gruppe heraus. Wo auch zwei Journalisten sich beteiligten. Die gegen mich agierten, wie, also. Wo ich mir so dachte, das kann eigentlich nicht wahr sein. Die haben versucht, mich bei der Polizei anzuscheißen. Unglaublich sowas und ich wäre ja nicht neutral. Ja, muss ich auch nicht. Hallo, das geht dich einen Scheißdreck an, was ich mache.

Also ganz schlimm war das. Und dann dachte ich mir so danach, ich muss ein bisschen Pause machen. Und dann muss ich natürlich. Ich versuch das mit dem Self-Care hinzubekommen, dass ich sage, ich brauch, wenn ich so n Wochenende habe mit Aktionen wie Z1.7 und Z1.5, dass ich dann sage, ich muss drei Tage Ruhe haben, um dann irgendwie weiter zu machen. Weil ich muss auch tanken, ich muss auch dann mal wieder ein bisschen runterkommen von der ganzen Sachen. Weil es ist ja auch immer eine unheimliche Anspannung dabei. Du weißt halt nie, wer gegen dich agiert, ob da was passiert oder ob das eher langweilig wird. Ich denke jetzt so, ja gut bei Z1.8 kann ich das jetzt schlecht einschätzen, weil die auch laufen werden, aber wenn die da mit 40-50 nur am Bahnhof stehen und n bisschen reden und dann passiert in der Regel nicht viel. Jetzt kann ich das nicht absehen auch. Ich hab ja schon für diesen Monat schon wieder neue Termine. Und die Z1.1 Nazis haben jetzt auch wieder was angekündigt. Wegen F1.2 und F1.1. Also ich versuch schon, meine Kräfte zu haushalten, aber ich glaube, wenn mir etwas wichtig ist, würde ich darüber hinaus gehen, dass ich dann sage, egal, mach trotzdem.

I1.1: Wie erfährst du von den Terminen? Sind das die offiziellen Kanäle der jeweiligen Gruppierungen, die du beobachtest?

IP1: Also sowohl als auch. Ich krieg teilweise aus Quellen, die irgendwie solche Dinge erfahren, dann hab ich die früher als andere. Das bezieht sich hauptsächlich so auf Veranstaltungen der Z1.1 Nazis, aber das geht auch auf so andere Sachen mal zurück. Wo ich dann aus BL1.1 so, haste schon gehört? Das irgendwie. Wir haben mitbekommen, das. Wo Leute in Strukturen eingebunden sind, wo sie schneller an Informationen kommen, als das so der Normalfall ist. Normale Quellengeschichte, wo die sich dann so die Infos zuspielen. Das mache ich genauso andersrum auch. Aber in der Regel ist es so, dass es schon so ist, ich les was bei Twitter und dann greif ich was auf. Zum Beispiel die Nazi-Demo diesen Monat. Hab ich zum ersten Mal beim LG1.1 darüber gelesen. Da weiß ich, hey, das ist der KOL1.2, der ist auch am Thema dran. Find ich gut, warum soll ich nicht bei dem erfahren, das eine Nazi-Demo stattfindest. Und LG1.2 hat es danach kurz auch getwittert. Es geht nicht darum, der erste zu sein mit was, es geht darum, dass es bekannt wird und dass man agieren kann. Und ja klar, je früher ich Bescheid weiß, umso eher kann ich planen. Das ist natürlich so. Wenn ich jetzt weiß, diese Woche und ich weiß, dass dieses Jahr die Z1.1er machen auch wieder um Heiligabend rum. Da kommen dann noch ein paar Sachen dazu.

I1.1: Auf was achtest du, wenn du zum Beispiel eine Demo begleitest? Geht es dann darum, wer da vor Ort ist oder gibt es andere, Dinge, die bei dir im Vordergrund stehen?

I1: Also erstmal Selbstschutz. Erstmal mach ich mich so mental klar, in was für einer Situation ich so bin und bin vorbereitet. Das ist so dieser Moment, wo Angst schützt. Angst zu haben ist nicht schlimm, das ist ganz normal. Wenn ich also archaisch gesehen, das ist ein blödes Beispiel, biologistisch, wenn der Leopard Anlauf nimmt. Hm, n Leopard ist n schlechtes Beispiel, der kann auf Bäume klettern. Aber so ein Löwe. Dass ich dann möglichst schnell auf dem Baum bin, und der so ähhhh. Und dass ich dann nicht so. [Bestellpause.] dass ich auf dem Niveau immer so eine Anspannung habe. Das ich immer bereit bin, wenn was ist. Auf Konfrontation. Ich muss mich darauf einstellen. Ich will das nicht, aber ich muss das drauf haben. und das ist das wichtigste erstmal. Ansonsten ist das Routine.

Mit der Zeit entwickelst du da echt ne Routine im Vorgang. Klamotten packen, Rucksack packen, was brauche ich im Rucksack, Wetterbedingungen einschätzen, dann ist der Kamerarucksack mal mehr oder weniger voll. Immer alles am Start haben, Akkus, Speicherkarten. [Ergebnissicherung während der Beobachtung wird beschrieben] Das machen aber alle so. Das vielleicht gar nicht veröffentlichen an der Stelle, ist gar nicht so eine wichtige Information für draußen. Das sind so die ganz normalen Dinge. Leute vor Ort sind mir egal, die Bullen, welche Einheiten sind mir egal. Eigentlich sind mir auch die Nazis egal. Weil es sind eh überall die gleichen. Also jetzt nicht vom Menschenschlag her. Also ich mach auch keinen Unterschied, ob ich ne AfD, PEGIDA, Nazi-Demo. Gewaltbereitschaft mag durchaus bei den Z1.1 höher sein, wie in REG1.2 gesehen. Aber da passiert nix. Aber wie oft bin ich bei anderen Demonstrationen, der Name F1.2 fiel vorhin. Ich habe mehrere Fotos vom letzten Monat, wo er versucht hat, mich körperlich anzugehen. Die ich auch veröffentlicht habe, als Video, wo man das sehen kann. der guckt so, macht so n Seitenblick und versucht dann, auf dich zuzugreifen. Das ist was, was ständig da ist. Aber auch das ist Routine. Also mir machen die Sachen so wie jetzt, wenn ich unterwegs bin, vielleicht eher relaxt vom Gefühl bin, machen mir schon mehr sorgen. Dass ich abgelenkt bin und plötzlich kommt es von hinten. Soo, jetzt Kaffeepause. [Kaffee wurde gebracht]

I1.1:  So, jetzt ist kurz der Faden weg. Genau, das war jetzt so, auf was du so achtest.

IP1: Genau, auf mich, das muss ich auch machen.

I1.1: und, bei den Gruppierungen, die du beobachtest? Auf was achtest du bei denen vorrangig?

IP1.1: Also ich guck mir, ich hab ja so mehrere Sensibilitäten würde man sagen, die mir bei meiner Arbeit aber hilfreich sind wie Beobachtungsgabe oder Kleinigkeiten wahrnehmen. Für mich sind so Buttons, T-Shirts, Aufdrucke, Tattoos und solche Sachen nicht unwichtig. Auch schön daran zu erkennen, wie sich Leute entwickeln. Also wenn ich jetzt weiß, ich hab den vor 3 Jahren schon mal fotografiert, was ist denn in seinem Gesicht passiert irgendwie? Also welche neuen Tattoos sind dazu gekommen, was ja auch immer eine Entwicklung darstellt. Das sind so Dinge am Rande.

Es geht in erster Linie eigentlich darum, erstmal so das Ganze wahrzunehmen. und du musst ab und zu, das ist hilfreich, so rauszoomen und einen Draufblick schaffen, deshalb, dann gehen dir diese, was ich sagte, dass ich das Gefühl habe, dass die auf so einen Moment warten, dass sie gemeinsam agieren können, das geht dir verloren, wenn du dich in Kleinigkeiten verlierst. Da muss man die Waage finden. Ich glaube, das habe ich ganz gut drauf. Nochmal der Punkt, dass ich sage, ich mache meinen Teil der Arbeit, das ist so dieses ich fahre dahin, ich berichte darüber, das ist mit Aufwand, das ist mit Kosten, das ist mit viel Kraft verbunden, und andere können dann mit den Bildern arbeiten oder nicht. Oder was anfangen. Oder was auch immer.

Das nochmal, weil ich ja vorhin sagte, Tiefenrecherche ist nicht so meins. Natürlich recherchier ich auch manchmal. Muss ich auch. Im Netz. Es gibt ja viele gute Möglichkeiten. Oder wenn ich was sehe, wie zum Beispiel da ging es jetzt -schlechtes Beispiel, aber es ist ein Beispiel. Dass Zentrum für politische Schönheit ja jetzt diese Bilder, die aus Chemnitz veröffentlich wurden, da war zum Beispiel ein Bild, wo ich sofort gesehen habe, ahja, das ist ein Z1.1er Nazi. Der war aber schlecht zu erkennen, weil er eine Kapuze aufhatte. Und dann habe ich halt altes Material durchgeguckt, da gab es Videos von dem Wochenende in Chemnitz und ja, da konnte man die ganze Gruppe ausmachen und F1.2, das war der um den es da ging, war deutlich zu erkennen. Und da konnte man halt sagen, okay, das sind Dinge, die im Kopf passieren. Wo du dann weißt, okay, in drei Jahren wird dir dann irgendwas im Kopf sein, was heute passiert ist oder so. Und ich glaube, dann diese Verbindungen herzustellen ist wichtig. Man kann nicht alles aufschreiben oder jede Kleinigkeit, aber das ist eben auch so ein Punkt, dass sich da Wissen anhäuft und irgendwann wirst du es brauchen, so eben.

I1.1: Gibt es noch was zu ergänzen zu Mitteln und Methoden, die du zur Beobachtung nutzt? So ein bisschen was hast du dazu ja schon gesagt.

IP1: Bezieht sich worauf die Frage?

I1.1: Dann auf die konkreten Beobachtungen vor Ort. Du hast schon gesagt, du fotografierst viel, ist ja auch sehr offensichtlich.

IP1: Manche Dinge sind auch nicht steuerbar. Wie das mit diesem Video von der Demo in REG1.1. Ich hatte den Livestream, der war ja schon weg. der war schon im Netz. Ich hatte das ja gestreamt. Ich verfolge, während ich agiere, nicht die Timeline. Sondern ich schreibe nur. Und ansonsten muss ich auf mein Umfeld achten. Und hab dann diese Situation mit Pyrotechnik in der Demo, wo ich dann ganz spontan mich entschieden habe – nein, spontan war es nicht, falsch. Es ist vielleicht wichtig, um das Gesamtbild mal zu dokumentieren. Ich stand da und dachte mir so, wenn du das Video und die Bilder jetzt raushaust, machst du Werbung. Beste Werbung für die Nazis. Genau das, was die wollen. Das ist mir bewusst gewesen.

Dann habe ich mir aber das Umfeld angeguckt, die Wohnungen, alle Häuser drum herum. Es war überall dunkel, es war kein Fenster beleuchtet. Und ich stellte mir jetzt vor, da muss ich gleich aufpassen, das ist emotional echt sehr tiefgehend, immer noch- ich stelle mir vor, du bist jetzt irgendeine Familie, nehmen wir mal eine jüdische, du wohnst da, du gehst, du sitzt hinten raus zum Hof in der Küche, isst gerade, hörst den Krach, gehst nach vorn, guckst aus dem Fenster und siehst, 70 Nazis vor deiner Tür. So einen scheiß brüllen und dann siehst du, wenn du nicht um die Ecke gucken kannst, dass die Garage brennt. Weil erstmal sieht das so aus (…). Und dann siehst du keine Polizei.

Und dann habe ich mir sofort gedacht, wie fühlen sich diese Menschen. Im Stich gelassen müssen die sich fühlen. Der Polizei gehen diese Menschen am Arsch vorbei. Ja, auch kein Gegenprotest. Eigentlich gehen alle, du bist niemanden etwas wert. Da wohnen auch viele Menschen mit Migrationshintergrund. Ich habe mit einigen im Nachgang geredet, die haben alle Angst gehabt irgendwie. Und dann habe ich gedacht, nee, das kannste denen nicht durchgehenlassen. Und dann habe ich gefilmt und habe auch gesagt, die können hier machen was sie wollen, das ist nichts, was denen irgendwie eine Grenze zieht. Boar, und das macht mich immer noch total fertig und auch wütend so.

Und das war dann diese Entscheidung zu sagen, ich bringe das. Ich muss das, das muss gesehen werden. Und ich glaube zusammen, dieses eindrückliche Bild (…), was ja dann auch viel in der Presse zu sehen, (…) hat dann dafür gesorgt, dass eigentlich bundesweit und auch darüber hinaus thematisiert wurde. Aber das kann man nicht steuern, das weißt du bei keiner Demo. Das kann sein, du denkst da passiert nichts, aber dann geht’s richtig ab, das war ja da so irgendwie oder du bist wo anders und denkst so, das hat Potenzial heute und da passiert halt nichts. Das ist nicht steuerbar. Trotzdem oder gerade deshalb ist es wichtig, überall da zu sein, wenn es geht, also in meinem Umfeld. Ich hab mich ja so auf BL1.2 beschränkt.

Ich war zwar auch in Z1.9, in Z1.10, aber das sind dann eher so Leuchttürme. Weil das ist immer – die Kosten muss man auch erst mal. Ja, wenn du halt nichts verdienst ist das doof, ich mach ja keine Einnahmen damit. Das erste Mal, das ich Einnahme generierte, war mit dem Material vom (…). Das war tatsächlich so, dass ich das verkaufen konnte. Erst jetzt letzte Woche, vor drei Tagen Name eines Privatsenders, die haben noch einmal Material gekauft für einen Jahresrückblick oder so. Schön, dass ich da mal ein bisschen finanzielle Rückendeckung bekomme, weil das ist ja alles mit Aufwand verbunden, aber meine Motivation ist nicht, damit Geld zu verdienen. Sondern meine Motivation ist die Sache an sich.

I1.1: Trotzdem, wenn du dann in solchen Situationen bist und überlegst, mach ich jetzt ein Video mache ich keins, denkst du dann über die Effektivität von so einer Dokumentation nach oder was sind so die Abwägungen?

IP1: Effektivität?

I1.1: Der Dokumentation, also was du dann mit der Dokumentation bezwecken kannst.

IP1: Ne, nein. Also Nein. Eigentlich nicht. Da war es ja nur, dass ich im Kopf hatte, machst du Werbung für die oder nicht. Und dann habe ich ja irgendwie Werbung für die gemacht. Weil natürlich ist das die Provokation, darauf setzten die ja um dadurch Öffentlichkeit zu erzeugen, aber es ist meine verfickte Pflicht, genau an der Stelle habe ich mich dazu entschieden, das eben öffentlich zu machen, weil als Solidaritätsbekundung der Menschen, die da im Umfeld wohnen und komplett alleine gelassen wurden, mit denen hatte ich mich da solidarisiert. Weil ich die nicht allein lassen wollte habe ich mich entschieden, das rauszuhauen.

Ansonsten mache ich das was ich mache und die Rückschlüsse, das war daraus zu lesen ist, das können dann andere machen. Während ich dann vielleicht noch draußen bin. Also wenn ich einmal live gestreamt habe. Also im Hintergrund hatte dann LP1.1 das aufgegriffen und andere, und dann ist das halt groß geworden und ich hatte das gar nicht mitbekommen. Erst als ich zu Hause war, war mir irgendwie klar. Wow, was für Kreise das gezogen hat. Einen Tag später hat internationale Selbstorganisation von Opfern von Nazigewalt sich dahingehend geäußert und da das Podium, wo diese Ausstellung in Z1.5 eröffnet wurde und das auf dem Podium angesprochen wurde. Und dann wird dir plötzlich klar, was für eine Reichweite das bekommen hat. Aber dafür mache ich das nicht.

Tatsächlich glaube ich, dieser kleine Moment, dieses kleine Video was heute nicht auffällig ist, kann in drei Jahren irgendwann mal von Bedeutung werden. Wenn diese Personen, die dort zu sehen ist, irgendwas gemacht hat, was in größerem Kontext wichtig ist. Das ist das was der NSU, was die ganze Recherche von antifaschistischen Gruppen im NSU ausgemacht hat. Diese ganzen Infos, die hauptsächliche Aufklärung kam nicht vom Verfassungsschutz oder von der Polizei, sondern kamen von Recherchegruppen, die sich den Arsch aufgerissen haben ehrenamtlich um Vorgänge oder Strukturzusammenhänge herausgearbeitet haben. Alles, was die anderen, die ich angesprochen habe, diese Behörden, war das alles zu torpedieren und möglichst klein zu machen. Da müsste man sich natürlich die Fragen stellen Ja warum ist das so? Warum werden Akten geschreddert? Warum werden Akten 100 Jahre und länger weggesperrt, aber das ist nicht unser Thema heute. Aber das macht mich trotzdem wütend.

I1.1: Ja, das kann ich sehr gut nachvollziehen. Hast du irgendwelche Qualitätskriterien, die du an deine Arbeit richtest?

IP1: Ich bin scheiße. Das ist glaube ich sehr befreiend irgendwie. Meine Kamera ist keine teure. Ich habe schon am Anfang immer gehört: Sie sind ja kein richtiger Journalist, weil Sie haben nur so eine kleine Kamera, also das ist schon so eine normale Kamera, und wenn das Objektiv rausgefahren ist, das ist schon echt, die Bilder sind nicht scheiße, aber sollen sich Leute ruhig darüber lustig machen, mir ist das egal. Ich mach mir darüber keine Gedanken. Naja auch, weil ich tatsächlich aufgrund der vielen Feedbacks in den letzten Jahren immer wieder gehört habe, dass das was ich tue wichtig ist. Das habe ich immer im Kopf und das kommt auch immer wieder rüber.

Und auch bei der Beteiligung der Blase, also ich nenn sie halt einfach so, dass wenn ich sage Hey, der ganze Scheiß kostet auch Geld irgendwie und ich mache da so einen Demotopf – die Leute tun was darein. Und das sehe ich immer als Auftrag an, immer weiter zu machen. Und das würden sie nicht tun, wenn das was ich mache nicht -alle es scheiße finden würden. Also das die Nazis das scheiße finden ist okay und natürlich gibt es da auch Kritik, aber ich mache nicht irgendwie so, dass ich sage ich will so high performen. Über Qualität mache ich mir vor Ort echt keine Gedanken. Ich glaube, das ist dann so Quantität statt Qualität. Also lieber etwas mehr machen und dann gucken, was an Material verwendbar ist als zu viel zu verkopfen. (…) Und ich glaube, da muss man dann halt eine Grenze machen, dass man dann sagt, also ich entscheide für mich, was ich für wichtig halte. und Nicht – und wenn andere meinen, dass es nicht so ist oder dass es so ist, dann ist das so. Ich selber mache da kaum Unterschiede. Ich habe jetzt auch in Z1.5, wo die 50 Leute waren, kurz einen Livestream gemacht. Das ich einfach mal, dass die Leute draußen sehen, die 60 Leute sind da jetzt gelaufen. Und selbst an so einem Video kann man ja ungefähr sehen, das nur drei Minuten dauert (…) dass man dann halt sieht: okay, das ist das Feeling, das ist das was sie so rufen, und das passiert da gerade.(…)

I1.1: Dazu, wie du deine Beobachtungen dokumentierst hast du schon ein bisschen was gesagt. Gibt es dazu noch irgendwas zu ergänzen?

IP1: Hauptsächlich Alben bei Flickr mit Begleittext, wo dann halt das wichtigste drin steht. Ganz selten emotionale Sache, manchmal aber schon. Ich bin auch da nicht neutral. Meine Intention ist eindeutig. Aber eben schon bei den Begleittexten ist schon immer wann ist das gewesen, was ist das gewesen, warum ist das gewesen und was ist passiert, wenn es so krasse Sachen gibt. In den seltensten Fällen aber mach ich dann so Doppel-Content, dass ich sage ich schreibe oder blogge nochmal darüber. Vor einem Monat war zum Beispiel so ein Moment. Das ich dann sage, ich möchte darüber in meinem Blog was zu schreiben, im Umgang mit dem Material und wie das so ist und wie sich das auch anfühlt, weil ich halt selber emotional so da angefressen war, dass da was rausmusste auch. Auch, weil ich so ein bisschen das Gefühl hatte, dass die antifaschistischen Strukturen hier ein bisschen mehr hätten machen können, das – naja auch.- dass immer noch plötzlich ist es so, wenn die auflaufen ist ganz viel Polizei da, also ich glaube die werden in den nächsten 2-3 Jahren nie wieder mit so wenig Polizei durch die Gegend laufen, die Nazis, das ist auch eine Folge davon.

Also, Twitter ist mein Hauptkanal. Also, die Bilder, die ich mache, ja, da kann man das sehen. Aber ansonsten mache ich alles, was ich journalistische Arbeit, auch wenn ich nicht bei Demos bin, läuft ja bei Twitter ab. Am Ende ist das, was ich bei Twitter mache, mein Storytelling. Das heißt, ich erzähle da mein Leben. Und mein Großteil meines Lebens ist halt meine Anti-Nazi-Arbeit. Das ist tatsächlich. Für mich ist das eine Berufung. Und deswegen passt das eben auch darein. Das mögen manche Leute nicht, hab da auch einen hohen Output, ich schreibe da ja viel bei Twitter, aber ich habe mir ja diesen Kanal auch rausgesucht. Und oft hilft das auch einfach, dieses Rausschreien. Ich hab das vor kurzem verglichen mit so einem Marktplatz in so einer Tweetkette habe ich dazu geschrieben.

Das ist ja genauso, als wenn du dich auf einen Marktplatz stellst und rausschreist. Weil du weißt nicht, wer es hört. und du weißt auch nicht, wie viele es hören. Weil, dass dir 11000 Leute folgen heißt ja nichts. Kann trotzdem sein, dass das nur 10 Leute lesen. Manchmal ist das so. Aber das ist auch schon eine Hilfe dafür, dann ist es mal raus irgendwie. Also deswegen bin ich da sehr offen in meinem Umgang. Dafür werde ich angefeindet, von allen Seiten tatsächlich, aber das ist mir auch bewusst und eigentlich egal. Deswegen nochmal, dass mit dem aktivistischen Journalismus oder journalistischen Aktivismus. Weiß gar nicht, welcher Begriff besser ist, muss ich noch überlegen.

Twitter, Flickr, Blog. Der klassische Journalismus, der eigentlich keiner ist. Weil, Leute denken ja immer noch, Journalismus ist so die Zeit online oder Spiegel oder ne Lokalzeitung. Das ist aber heute nicht mehr so. Also man, dieser Begriff muss irgendwie neu definiert werden oder so. Und es gibt ganz tolle Leute, die ganz tolle Arbeit leisten, die fern ab von jedem klassischen Journalismus sind. So ist das nun mal. Insofern müsste man kurz diesen bundeseinheitlichen Presseausweis kritisieren, den ich ja auch habe. Also ich profitiere davon. Aber das bedeutet ja nichts anderes, als das sechs Verbände prädestiniert oder privilegiert sind, diesen Ausweis auszustellen, was dann so besagt, du bist richtiger Journalist und alle, die das nicht haben, sind kein richtige Journalisten. Das ist sehr gefährlich.

Man kann damit natürlich Nazis ausschließen, die ja auch beobachten. Nazis wollen auch Linke fotografieren, auch ganz normal. Teilweise haben die auch einen Presseausweis. In Z1.1 gibt es so einen Fall, wo man noch nicht weiß, wie geht man damit um. Aber wir müssen uns überlegen, an der Stelle, wie sinnvoll ist das. Weil wir tatsächlich Leute von Sachen ausschließen, die eine wichtige Arbeit geleistet haben in der Vergangenheit. Sind wir wieder beim Bezugspunkt NSU. Ich bin da unschlüssig. Keine Ahnung. Also dieses du musst da hauptberuflich von Leben können, das ist ja die Intention des bundeseinheitlichen Presseausweises, der von der Innenministerkonferenz 2016 so entschieden wurde, hat Vor- und Nachteile. Ich glaube aber, dass die Nachteile überwiegen. Und wir müssen da auch überlegen, Journalist ist kein geschützter Begriff – nennen kann sich so jeder tatsächlich- und ich sage extra von mir, ich schränke mich da ein. Ich würde mich jetzt nicht, wie ich das Vorhin gesagt habe, auf einem Level mit bestimmten Leuten machen, deswegen diese Mischung aus Aktivismus und Journalismus.

I1.1: Hast du denn auch konkrete vielleicht eher kurzfristige Ziele, die du verfolgst?

IP1: Reich und berühmt werden. Nein. Nee.

I1.1: Okay. Also du hast Strafverfolgung, Aufklärungsarbeit ist nicht dein Ziel?

IP1: Also die Aufklärungsarbeit klar zu einem gewissen Grad. Aber die Arbeit, die dahintersteht, müssen andere machen. Das ist etwas, was ich nicht leisten kann und auch nicht will. Strafverfolgung steht für mich nicht im Vordergrund. Für mich steht eher so – ich bin eher so ein emotional gesteuerter Mensch, für mich ist eher das was emotional dahinter liegt wichtig, weil wir müssen immer überlegen, wenn gegen die Menschen, die ich arbeite, und ich bin ja jetzt so ein privilegierter weißer cis-Mann tatsächlich. Das ist zum Beispiel für jemanden, der überhaupt nicht betroffen ist, in keiner Weise, naja anders wäre schon als Frau oder als Schwarze Frau. Ich will jetzt keinen Wettbewerb der Marginalisierung starten, es geht nur darum, dass wir uns Gedanken machen sollten, wie es denn jemandem geht, der nicht so privilegiert ist, wie ich selber es bin. Und wenn man sich in dieses Fahrwasser begibt, dann werden auf einmal ganz viele Dinge wichtig oder viel wichtiger.

Der Standpunkt, der ich mal machen werden, ich möchte in keiner Gesellschaft leben, in der Leute sich aufgrund von Religion, Hautfarbe oder Geschlecht oder was auch immer Sorgen machen muss, Angst haben muss. Ich möchte so, dieser naive Gedanke Frieden für alle. Also ich finde das toll. Ohne Friedenstaube und so aber, ich weiß das es naiv ist. Aber das ist etwas woran ich, wofür ich jeden Tag eigentlich kämpfe. Das wäre vielleicht ein Ziel, das ich kurzfristig oder langfristig habe. Dass die Gesellschaft, oder dass wir das auf die Kette kriegen ohne Missgunst, Neid und Hass aufeinander leben zu können. Aber so lange Nazis da sind, die uns hassen, hassen wir halt zurück. Wie willste das anders machen? Keine Ahnung.

I1.1: Okay. Ja zur nächsten Frage hast du auch schon ein bisschen was gesagt. Nochmal zu Grenzen, die du dir setzt selbst bei deiner Arbeit.

IP1: Schönes Beispiel. Ich hatte vor einiger Zeit gesundheitlich größere Probleme. Eine schwere Operation. Ich bin davon ausgegangen, ich weiß nicht warum, ich bin davon ausgegangen, dass es nicht gut gehen wird und habe dann schon so innerlich Wetten abgeschlossen, Narkose und das war’s. Das hört sich jetzt echt brachial an, aber ich hatte schon so mit gewissen Dingen vorher abgeschossen, als ich in die Klinik gegangen bin. Ich bin dann aus der Narkose aufgewacht und dachte Wow, scheiße. Biste ja wieder hier.

Aber ich merkte sofort, alles gut. Funktioniert. Ich hatte sofort Hunger, ich konnte sofort essen und alles wird gut. Daraus hat sich aber ein Umdenkprozess bei mir -also das ist so ein fortlaufender Prozess seit Mai gewesen- dass ich, man merkt das an meinem Twittern sehr deutlich, dass ich mit Kritiken mich keiner Gruppierung gegenüber zurückhalte, das ist meine Haltung. Gegen jeden Antisemitismus. Das ist mir ganz wichtig, ich mache keine Kompromisse mehr und das hat auch ein bisschen was damit zu tun, dass ich mit meinem Alter auch so das Gefühl habe, hey, vielleicht habe ich nicht mehr ganz so viele Jahre. Die will ich verdammt noch mal richtig für mich nutzen. Und was daraus machen. vielleicht habe ich aber auch nur eins oder gehe gleich raus und falle tot um. Wir wissen das nicht.

Tatsächlich ist das aber immer so ein Faktor, den man im Kopf behalten kann. Und dass ich dann halt sage, jeder Tag so wie der letzte und ich möchte halt irgendwie -ich will da nicht inkonsequent sein. Das war auch ein Grund, warum ich aus den Bündnissen raus bin. Ich will nicht mit Antisemit*innen an einem Tisch sitzen. Ich will das nicht, für mich kommt das nicht in Frage. Und dass ich eben keine -nur weil es sich gut anhört, jemandem Honig ums Maul schmiere, dass ich dir auch sage, wenn du ein Arschloch bist, dann sage ich dir auch, dass du eins bist.

Ich finde mit so einer Ehrlichkeit kann man sogar viel einfach leben, dass muss man aber lernen, das ist ein Prozess. Da kann man das sehen, wie, das ist eine Krankheit, die macht mit dir Dinge und deswegen machst du mit Menschen Dinge. Und ich will das jetzt anders machen. Und das bedeutet für mich nach der Operation, dass ich halt auch mit Leuten gebrochen habe, die vorher für mich so gerade noch gingen. Jetzt geht das für mich nicht mehr und dann möchte ich das auch nicht mehr. Das ist eine Konsequenz, wo ich jetzt sage, da ziehe ich eine Grenze. Ich ziehe eine ganz klare Grenze. Das kann man gut finden oder nicht, aber ich glaube auch, dass die Menschen, denen ich dann gesagt habe „Mit dir nicht mehr“ letztendlich damit auch besser umgehen können als dieses es ist auch ein hinter einem Rücken von jemanden reden oder so. Klar Kommunikation ist ganz einfach.

Vielleicht änderst du was, wenn jemand dir sagt, dass was du tust ist scheiße. Kann ja sein, dass sich daraus was Positives auch entwickelt. Das mag in dem ein oder anderen Fall funktionieren. Das hat sich bei mir geändert. Aber auch erst aufgrund dieses gesundheitlichen Dings, wo dir klar machst, das Leben hätte zu Ende sein können und was machst du mit der restlichen Zeit, die du noch hast. Da kann man auch als junger Mensch schon drüber nachdenken. Ist so, tatsächlich weiß man das ja nicht. Hab ich die Frage jetzt beantwortet mit Grenzen ziehen und so?

I1.1: Joar, vielleicht auch noch so eigene Grenzen für dich? Also, wo du vielleicht sagst, ja das mache ich oder das mache ich nicht mehr?

IP1: Die große war halt damals die Entscheidung, mich nicht mehr im Bereich Geflüchtetenhilfe zu engagieren, das war ja so eine Grenze, die ich für mich gezogen habe. Ansonsten ist jeder Tag ja bestehend aus so Dingen. Also eigentlich ist da nichts. Für mich steht tatsächlich meine Arbeit im Vordergrund. Ich möchte das machen. Ich möchte das mitteilen. Ich habe das Bedürfnis, das zu tun. Ich mache das, solange ich das gesundheitlich kann. Und das sieht sehr gut aus. Also, das wird noch viele Jahre so gut gehen glaube ich.

I1.1: Schön. Okay. zur nächsten Frage hatten wir auch schon ein bisschen was gehört. Magst du noch ein bisschen was zum Thema Selbstschutz sagen?

IP1: Selbstschutz… ja, immer wichtig. Für alle. Für alle Leute, die irgendwie unterwegs sind, auch aktivistisch arbeiten oder halt generell sowieso, aber abhängig vom Level, auf dem ich arbeite unterschiedliche Priorität. In meinem Fall bedeutet das, dass ich halt ständig in so einer Erwartungshaltung bin, dass was passieren kann. Das klingt auf der einen Seite sehr belastend, auf der anderen Seite ist das aber auch ein wichtiger Moment zu sagen, ich bin immer vorbereitet.

Das heißt gar nicht, dass ich so krasse Dinge tun würde, aber ich muss damit rechnen, dass es ständig passieren kann. Das ich mir, wenn ich mich engagieren will, ich werde oft gefragt, auch von jungen Menschen, Du ich möchte was tun. Was sagst du denn? Was gibst du mir für Tipps? Das erste was ich sage: Überleg dir vorher, was und wie du es tun willst und mache dir genauestens Gedanken darüber. Über deine Wohnsituation, deine Familiensituation, dein Umfeld, Freunde, Freundin, wen – du nicht nur dich, sondern vielleicht auch noch andere.

Möchtest du irgendwie mit Phantasiename, Klarname, weil da ist ganz viel Unwissen und das muss raus. Also die Leute müssen wissen, wenn ich das mit offenem Visier mache, dann habe ich halt Drohungen von Nazis, wie das bei mir der Fall war. Oder meine Klingel wird gekennzeichnet. Da gibt es auch so Sachen, dass man so Klingeln kennzeichnet, dass das ein Zeichen ist. Oder Patronenhülse vor deiner Wohnung. Das sind so Dinge, das sind Zeichen, auf die du dich dann vorbereiten musst, wenn man weiß, wer du bist. Wenn du allerdings zum Beispiel kann es ja sein, dass du sagst, Ne ich will das nicht, dass man weiß wer ich bin. Aber aufgrund deiner Funktion vielleicht beruflich oder sonst wie kann das jeder innerhalb von 3 Minuten im Netz recherchieren. Auch darüber sollte man sich im Klaren sein. Also man muss das alles wissen, das heute – ich finde das toll mit dem Internet, aber was eben auch ganz viele möglich ist so an Querverbindungen und Querverweisen, mit einem bisschen Geschick gibt es halt eigentlich auch keine Person mehr, den man nicht mehr irgendwie aufspüren kann. Joar, das ist alles dank dem Internet ganz einfach eigentlich. Und solche Dinge, darüber muss man sich im Klaren sein. Selbstschutz. Und: Ja. Man kann Dinge haben. Also ich würde zum Beispiel immer habe ich den hier dran. Oh, muss ich noch einen neuen kaufen. Diese Dezibel-Dinger.

I1.1: Taschenalarme.

IP1: Genau. Auch eine super Sache. Macht nix, tut nicht weh, außer in den Ohren. Das Ding ist aber, du erschaffst Aufmerksamkeit. Das heißt, wenn du angegriffen wirst, im öffentlichen Raum, werden andere Leute darauf aufmerksam. Ist auch eine Strategie, die man verfolgen soll. Würde ich jedem empfehlen. Das wird immer als so eine Frauensache abgestempelt. Das ist quatsch. Ich hab an meinem Rucksack immer so ein Ding. Brauche ich nur daran zu ziehen, dann ist das laut. Ich hasse Lautstärke, aber vielleicht hassen das Nazis auch. Wenn dich 5 angreifen, vielleicht rennen dann 3 weg. Die anderen beiden, werden sich überlegen, renn ich auch oder nicht und rennen in der Regel auch weg. Oder du hast dann nur noch zwei, gegen die du kämpfen musst. In jedem Falle ist das gut. Es gab in Z1.1 mal eine Situation, also immer in das Licht rennen, nie vom Licht weg. Immer zu Menschen hin, nie von Menschen weg, wenn irgendwas passiert. Lautstärke, Ansprache oder eben Hilfsmittel wie Pfefferspray. Und da gibt es eben auch – Ja, traut man sich nicht und so.

Aber zu mindestens ich würde auch alles, was ich so wenn ich mal bei mir haben möchte, nie benutzen. Ich will das niemals benutzen. Aber ich möchte vorbereitet sein, dass ich es habe, wenn es sein muss. Und ich glaube, in meinem Falle, wenn jetzt mal so drei Nazis mir auflauern würden, dann kommen die nicht um mit mir Mensch ärger die nicht zu spielen. Deswegen hat man da nicht mehr viele Auswahlmöglichkeiten tatsächlich und das muss man wissen. Das muss man ganz klar wissen. Das kann auch körperliche Konsequenzen nach sich ziehen. Das muss man auch wollen. Ohne jetzt so eine Opferrolle einnehmen zu wollen, es geht einfach nur darum, dass man sich klar sein muss, auf welchem Level diese agieren.

Und auch diese Tatsache, ich habe mal in einem Seminar -also ich habe so eine Vorlesung gemacht. Da hab ich gesagt, was kann es schöneres geben, als für seine sache zu sterben. Also dafür draufgegangen sein, für deine tiefste innere Überzeugung. Das klingt jetzt auch erstmal sehr pathetisch, aber da steckt was drin. Das meine ich tatsächlich so. Also, ja klar. Man kann an Krebs sterben oder vom Auto überfahren werden. Aber wenn ich es mir aussuchen kann, dann möchte ich. Naja, möchte ich nicht, aber dann ist das eine Konsequenz, die daraus resultiert und dann wär das okay.

I1.2: Ich würd. Du hast gesagt, dass du zu Hause auch vorbereitet bist. Gibt es irgendwas, was zu dazu noch sagen möchtest? Also wie du zu Hause auch schützt? Dein zu Hause?

IP1: Also die wichtige Erkenntnis ist ja erst einmal die, für Unbeteiligte, daraus ableiten zu können, dass dieser sogenannte safe space, das zu Hause, das der nicht existiert. Das ist ja erst einmal eine traurige Erkenntnis finde ich. Du gehst nach Hause, machst die Tür zu, bist in deinem sicheren Raum. Das kann aber – ist in dem Falle nicht mehr gegeben. Und jetzt im Einzelnen kann ich da nicht drauf eingehen, tatsächlich. Weil das würden dann anderen Leuten die Möglichkeit geben, daraus Rückschlüsse zu ziehen. Aber es gibt schon so Dinge, die sinnvoll sind. Die, wenn man so ein bisschen darüber nachdenkt, sehr einleuchtend eigentlich sind. Und dass man halt einfach sagt, wenn es so weit ist, muss man sich entscheiden. Dinge zu tun oder zu lassen. Mehr geht dazu nicht zu sagen. Man kann seine Türen schützen, doppelte Schlösser oder stabilere Rahmen. So Dinge, dass es eben dauert, bis so eine Tür aufgebrochen ist. Weil du rufst in der Zeit die Polizei. Oder auch da mit Lautstärke agieren, dass andere Mieter im Haus aufmerksam werden, wenn sie denn vorhanden sind oder so. Das ist auch abhängig von der eigenen Wohnsituation. Im Notfall kann man da auch, und das ist der Punkt mit so Gruppierungen sprechen. Also die Amadeu-Antonio-Stiftung, da kann man sich tatsächlich auch Rat holen oder BackUp NRW oder Mobile Beratungsstellen. Die helfen einem bei sowas. So Ideen. Also ich hab zum Beispiel jetzt immer in jedem Flur Feuerlöscher stehen. Eine Feuerschutzleiter hat mir die Initiative für Opfer rechter Gewalt finanziert, weil ich super hoch wohne, springe ist halt scheiße. Also an der Heizung einklemmen und dann raus können. Also wenn die Hütte mal brennt – ich will nicht hoffen, dass das passiert. Aber das sind so Dinge, die man dann tun kann.

I1.1: Hattest du schon einmal die Situation, dass du deine Tätigkeit einschränken musstest, weil du Bedrohung erfahren hast? Dass du deswegen gesagt hast, du gehst nicht hin oder machst bestimmte Sachen nicht?

IP1: Ja, das Ding ist, wenn ich jetzt sage, ich habe hier nach noch einen Anschlusstermin zum Beispiel. Heute ist das hier in der Nähe relativ gut, weil ich bin schnell in der Bahn und auf dem Weg nach Hause. Und dann hier ist ein Taxistand. Ich bin eigentlich abends nicht mehr unterwegs solange es dunkel ist. Weil ich dann länger brauche, um mein Umfeld zu erfassen wegen der Dunkelheit und deswegen lasse ich Dinge weg. Ich gehe kaum noch unter viele Menschen. Bisher war es so, dass ich Nazis immer habe auf Tuchfüllung kommen lassen. Weil ich gesagt habe, das ist mir egal – ich weiche nicht zurück. Du kannst kommen, dann mach das, aber ich gehe nicht zurück. Ich gehe nicht, ich habe keine Angst vor dir, ich schrecke nicht davor zurück.

Und dann hast du aber die Situation, dass der 1:1 Körperkontakt da ist. Ohne das zu tun, aber, dann gab es diesen Übergriff auf diesen einen Journalisten, und das ist so, der hat erst im Auto gemerkt, dass ihn ein Messer getroffen hat. Das heißt, wenn bei so einer Situation, du gehst an jemanden ran und machst den rempelnde Geste und gehst wieder weg, und du stehst irgendwie so und brichst dann zusammen und alle Leute denken sich, biste halte gerade ein bisschen besoffen oder so. Und im wahrsten Sinne verblutest du gerade innerlich.

Ich muss mir da eine Strategie überlegen, eine neue. Wie ich in Zukunft bei sowas damit umgehe. Im Moment gehe ich zurück. Das heißt im Moment mache ich das, was ich nie wollte. Das ich ausweichen würde, dass ich sie nicht an mich ranlasse, weil ich nicht weiß, was sie tun. Ich glaube wir sind in der Zeit, dass man nicht mehr weiß, was sie tun. Ich glaube, dass sie in der Lage sind, also dieser vermeintliche Messerwurf, ich will nicht von neuer Qualität reden, die Qualität sind die Morde des NSU, aber aus so einer Demo heraus, ein geschützter Raum, so ein Wurfmesser heraus auf Antifaschisten zu werfen, wow. Das ist schon ’ne Nummer. Das ist, man sieht eindeutig, dass das eine Bewegung ist, die trainiert ist. Der wusste, was er tut. Der kannte, kennt das. Der wirft einfach mal so 10 € weg, es hieß ja sei nur Feuerzeug. Also das ist schon so, dass man damit rechnen muss, dass die halt auch bereit sind eine Stufe weiter zu gehen als es bisher der Fall.

I1.1: Okay, das können wir auch schon abhaken. Gibst du deine Materialien an Dritte weiter? Stehst du im Austausch mit anderen?

IP1: Auf Nachfrage passiert das manchmal. Also jetzt das Material zum Beispiel vom letzten Monat ist an die Presse gegangen, weil da natürlich ein Interesse da war und ich auch zum ersten Mal bis auf die ersten Tage – da habe mich auch viele Leute abgezogen, das finde ich sehr bedenklich im Bereich Journalismus. Bis mir dann klar wurde, ich kann auch was machen, weil es exklusives Material ist und habe dann damit ein bisschen Rücklage gebildet für zukünftige Aktionen.

Das ist aber nicht damit gemeint, sondern manchmal fragen Leute im Nachgang, hier Demonstration 2016, da. Auf dem Bild so und so, da sieht man den von hinten. Hast du noch ein Bild, wo man den sieht? Sowas halt, das passiert tatsächlich, aber seltener. Da muss ja auch mal vorsichtig sein, bei solchen Veröffentlichungen, von, es gibt in Z1.1 z.B. eine Broschüre, mehrere Ausgaben. Ja, die sind halt da. Ich find das gut, dass es die gibt und die müssen eben auch ihr Material irgendwo herbekommen. Und meine Alben sind öffentlich zugänglich. Wenn sich da jetzt jemand mal ein Portrait aus einem Bild raus baut, da habe ich halt keine – da kann ich nichts gegen machen praktisch, das passiert halt. Aber wirklich bewusst eher seltener.

Die meisten Leute wissen, dass das Material da ist und bedienen sich sowieso. Weil meine Bilder sind frei zugänglich, kann jederzeit das Album sich jeder abrufen. Da muss man in den seltensten Fällen nachfragen. Nur wenn es eben kommerziell verwendet wird, dann will ich halt Kohle dafür haben. LG1.2 bringt praktisch in jeder Ausgabe Bilder von mir. Ich will auch gar nicht, dass die etwas bezahlen, ich will die Arbeit von denen unterstützen. Aber natürlich bekomme ich Belegexemplare umsonst. Also ich bin in deren Verteiler drin, und selbst mal in einem Monat kein Bild von mir drin ist, dann krieg ich die Zeitung trotzdem. Und ich finde es toll, dass es solche Sachen gibt und das unterstütze ich auch gerne.

I1.1: Gibt es auch Menschen oder Unternehmen oder wie auch immer, denen du dein Material nicht zur Verfügung stellst? Oder wo du dann explizit sagst…

IP1: Strafverfolgungsbehörden, die müssten schon mit Beschluss kommen. Weil, das ist der Punkt, aber mache ich auch in keinem Falle. Es gibt kein Material von mir, es sei denn, ich will das. Es gibt zwei Hitler-Grüße wo ich das dann gemacht habe. Weil ich selber eine Anzeige stelle, dann kann ich das auch mit meinem Material untermauern. Das war mal in Z1.10 so, das war einmal in Z1.1 so. Z1.10, das läuft noch, dieses Ermittlungsverfahren. Diese Demo der RP1.1 mit -gegen die Inhaftierung von F1.7, da war ein Typ am Fenster, der hat das dreimal hintereinander gemacht und dann noch extra, als ich fotografierte, dass nochmal gemacht, da dachte ich wer so ist, der muss jetzt auch einen mitkriegen. Und dann, das ist dann eine Ausnahme, ansonsten müsste man mir mit richterlichem Beschluss kommen.

Aber deswegen ist das auch eine ganz konsequente Haltung, ich dokumentiere keine Linken Proteste. Das mache ich bewusst nicht, weil ich dann Material produziere könnte, was Leute vor die Füße fallen, was ich nicht möchte. Es sei denn, ich werde aufgefordert Fotos zu machen. Das ist immer mal wieder, dass Gruppierungen, die eine Demo veranstalten sagen mach mal Bilder von Gegenprotest, lass uns die zukommen, wir verpixeln die dann. Also Verpixelarbeit, die hasse ich wie die Pest. Bezahlt mir keiner, ich sitze stundenlang da dran, kostet mich mehr Aufwand, da habe ich keinen Bock drauf, deswegen lasse ich das. Also in der Regel mache ich null Bilder von linken Gegenprotesten oder linken Aktionen.

Unterschied kann mal sein sowie LB1.5 oder so, das ist eher unverfänglich. Aber selbst da tue ich mich sehr schwer und verpixle in der Regel dann 1-2 Bilder oder ich mache auch nur das Banner oder Schilder oder so. Ohne Gesichter, ohne irgendwas, was Rückschlüsse ermöglicht. Das ist- manche werfen mir das vor. Es gibt tatsächlich Vorwürfe deswegen. Man würde den Menschen das Gesicht rauben. Ich halte das für sehr fragwürdig, weil wir wissen seit Z1.2, dass eigenes Material zu krassen Strafverfolgungen führen kann, also sollte man da sehr vorsichtig sein. Also aber auch die BILD-Zeitung würde nie was von mir kriegen. Eigentlich Springer im Allgemein. Wobei, bei Welt. naja, scheiße. Ich weiß auch nicht. Ich glaube, ich hatte Welt schon einmal Material gegeben. Ärger ich mich jetzt auch ein bisschen drüber, weil ich weiß nicht, das ist jetzt schon ein anderes Level, aber ist trotzdem Springer. Aber der Bild auf keinen Fall. RB1.6 fragen nicht, die veröffentlichen ständig was von mir.

I1.1: Okay.(…) Wissen die Leute, die Material bei dir anfragen, wer du bist und in welchem Kontext du unterwegs bist?

IP1: Ja.

I1.1: Gerade, wenn es irgendwie an die Presse geht oder so?

IP1: Ja gut, bei den DPA-Anfragen und so glaube ich, die gucken jetzt vorher nicht auf Twitter, was ich so schreibe, dann würden die vielleicht auch viel sagen: boar, mit dem will ich nichts zu tun haben. Passiert mir auch immer wieder, dass Leute, Journalisten, die ich sehr schätze, mir folgen, und nach drei Tagen wieder entfolgen, weil sie nicht ertragen können, was ich schreibe. Das verstehe ich. So Leute wie P1.1, P1.2 oder so, die sind mir dann gefolgt und plötzlich, dann haben sie wohl gesehen, boar, der schreibt ja echt ziemlich viel, das will ich nicht lesen. Das ist, glaube ich, kein persönliches Statement, sondern das überfrachtet viele einfach nur. Habe ich volles Verständnis für, die blocke ich dann ausnahmsweise nicht weg, wobei ich Unfollows gerne weg blocke, aber da mache ich es dann nicht, weil ich weiß, dass es zu viel wird.

Ich hab – ich finde das völlig okay, wenn du sagt es gibt Leute, die sagen: ich kann dir nicht folgen, weil du schreibst so viel, ich will das nicht. Das ist völlig okay. Aber ich glaube in den meisten Fällen wissen die Leute das schon. (…) Ich werde so oft angesprochen. Bei jeder Demo kommen Leute auf dich zu: schön, dass ich dich mal treffe oder so. Danke für deine Arbeit. Ich finde das gar nicht peinlich oder so, eher im Gegenteil. Manchmal kann ich das nicht so annehmen, weil es irgendwie so ein Level ist, damit habe ich mich – ich kann schwer damit umgehen, aber ich freue mich jedes Mal darüber, weil es auch eine Art von Bezahlung ist, also eine Wertschätzung mir gegenüber und das finde ich schon gut so.

Auch Presse weiß das, der DPA-Mensch, mit dem habe ich mich dann so ein bisschen unterhalten, die wissen schon, vorauf sie sich einlassen. Wenn mich jetzt aber mal jemand von ZDF Frontal oder auch mal vom WDR, da gibt es tatsächlich Leute, die mich nicht kennen. Die dann aber von einzelnen Einschüchterungsversuchen Rechter hören: Oh ja klar, jetzt weiß ich wieder. Dann halt so ein Bild brauchen, wo sie dann eine Verbindung herstellen. Das halt nicht ständig auf dem Schirm haben. Gerade bei dem WDR ein großes Problem. Weil wir haben wir in Z1.1 einen ganzen tollen Journalisten, KOL1.3, der in dem Thema richtig vertraut ist, richtig tief drin ist, und dann gibt es ja WDR Aktuelle Stunde, dann gibt es hier eine Demo, da schicken die jemanden hin, der/die keine Ahnung hat von der Materie. Und soll da was, und das soll, da sind, das verstehe ich nicht so ganz. WDR müsste sein: Nazis, Z1.1, KOL1.3. Nix anderes. Der kann das alles einordnen, alles in die richtige Bahn lenken. Und das passiert nicht immer, das ist tatsächlich schade. Da wird viel Know-How verschenkt an der Stelle.

I1.1: Ja, dann kommen wir zu den letzten Fragen.

IP1: Ich beneide euch nicht, den ganzen scheiß nochmal hören zu müssen.

I1.1: Das kriegen wir schon hin. Wir sind auch 5 Leute im Team. Dann können wir das so ein bisschen aufteilen.

IP1: Ja, dann Grüße mal an die anderen 4. Unbekannterweise.

I1.1: Wie fändest du es, wenn deine Beobachtung oder deine Dokumentation in anderen Kontexten aufgegriffen werden? Sei es wissenschaftlich oder gesellschaftlich, also perspektivisch gesehen?

IP1: Würde ich begrüßen, weil wenn es irgendwie dazu beitragen kann, Dinge aufzuzeigen, oder zu untermauern, oder noch deutlicher zu machen, fände ich das gut. Hätte ich überhaupt keine Bedenken, das so zu machen. Ich habe mein Thema, mein Kernthema, das ist sehr deutlich, aber natürlich ist das gesellschaftlich in gewisser Weise auch relevant. Und war jetzt schön diese Studie, die sie in Z1.10 gemacht haben, also diese Gruppe um F1.8, die haben ja jetzt eine spezielle Studie über Z1.10, über diese Demo. Den Link habe ich glaube ich, vor drei oder 4 Tagen, ich glaube bei der Infozentrale findet man das (…) und die haben ganz gezielt wegen der F1.7-Soli-Demo Menschen befragt, wie sie denn das empfunden haben, diese Demo, das Bedrohungsszenario, den Polizeieinsatz und so. Sehr spannend. Das ist auch die gleiche Gruppe gewesen, die diese Mitte-Studie macht. Und das finde ich einen guten Ansatz, dass man da halt sagt, wir müssen da rein gucken, was passiert denn so auch irgendwie auch, weil diese ganzen anderen neuen Gruppierungen, ich habe z.B. heute gelesen über die Gelbwesten in Frankreich, da gab es die erste Erhebung, also 166 aus dieser Gelbwesten-Bewegung wurden befragt, wie sie sich denn so selber einordnen. Und dann war klar, 33% sagen über sich selbst, ich bin nicht links, ich bin nicht rechts, also rechts. Dann sind 12% Rechte und 5,4% Rechtsradikale.

Das würde jetzt für mich bedeuten, dass sind 50% Nazis. Weil alle, wenn man hier beobachtet, wer sagt, ich bin nicht links, ich bin nicht rechts, aber. Das ist immer so, dass die Leute zumindest im krass stark konservativen Bereich einzuordnen sind. Und dann ist diese Gradwanderung-fast fällt weg. Weil für Meinungsfreiheit. Das sind immer die gleichen Dinge. Gerade Twitter-Bios sind da super Fundgruppen für solche Sachen. Da taucht immer das gleiche auf. Und wenn jemand von sich aussagt, ich bin nicht links, ich bin nicht rechts, deutet das in 90% der Fälle auf rechts hin. Die wollen das halt nur schönreden. Deswegen finde ich das so spannend. Das ist auch nur 166 Leute können nicht für die gesamt Bewegung sprechen, aber das zeigt eben, wie relevant Dinge werden könne für zukünftige Entwicklungen. Ich würde das immer begrüßen auf jeden Fall. Wäre schön, wenn ich gefragt werden würde, damit ich weiß, wenn so was passiert, damit ich selber mir ein Urteil bilden kann, aber ansonsten Material ist, Leute sollen damit was machen und ich mein, wär schade, wenn das nicht so ist.

I1.1: Gibt es noch was, was im Interview nicht genannt wurde, du aber noch sagen oder ergänzen möchtest?

IP1: Das ist der Vorteil, weil ich so viel quatsche, eigentlich nicht. So spontan fällt mir da nix so ein, was ich da, das ist immer so, das kennt man, dass einem hinterher einfällt, guck mal den einen Satz hättest du auch noch sagen können. Wobei ich abschließen möchte tatsächlich mit einem Satz von P1.3, den er in seinem Podcast, in seinem letzten genannt hat (…). Kann den jetzt leider nicht 1:1 wiedergeben, sondern der ist so allgemein gültig und der knallt so geil rein. er hat geschrieben: „Wenn jemand aus der industriellen Massenvernichtung, die der Holocaust war, nichts lernt, wird aus nichts etwas lernen“. Geiler Satz, oder? Den hat er einfach mal so in seinem Podcast rausgelassen und ich habe den, ich krieg jetzt noch eine Gänsehaut. Genau, da steckt das drin. Alle Denkweisen, die darauf resultieren, bei den Leuten, die das versuchen zu relativieren, zu verharmlosen, klein zu reden. Bei denen ist das nicht angekommen, dass wir Deutsche die einzigen waren, die industrielle Massenvernichtung von Menschen vorangetrieben haben und das muss man sich immer wieder deutlich machen. Auch, um andere Kriegsverbrechen in den Kontext zu sehen. Ja, die hat es gegeben. Aber nicht so, wie bei uns Deutschen. Und das ist meine Motivation, auch ein Großteil meiner Motivation, meine Arbeit zu machen. Auch meine Motivation zu sagen, gegen jeden Antisemitismus. Auch gegen linken.

I1.1: Was erhoffst du dir für die Zukunft mit Blick auf deine beobachtende Tätigkeit?

IP1: Dass es für den Arsch ist, weil das würde bedeuten, dass nix schlimmes passiert in Zukunft und mein Material gebraucht werden würde. Und ich einfach nur das bin, was ich bin. Ein über Nazis berichtender Mensch bei Twitter. Das wäre mein größter Wunsch. Alles andere würde bedeuten, es wird in einer Katastrophe enden. Und im Moment ist mein Gefühl eher das letztere.

I1.1: Okay. Also von unserer Seite wäre das dann. Vielen, vielen Dank.

IP1: Ja gerne.

2 Kommentare

  1. Ingrid sagt

    OMG, da ist ja nicht ein vernünftiger und klarer Satz von Dir bei. Vollkommen Wirsch und zusammenhanglos. Gruselig

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