Gelbe Westen

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Demonstrationen / Gelbe Westen
Bild von "Gelben Westen",

Eigentlich entschied ich mich am 30. November, nachdem ich mal wieder eine Demo der Dortmunder Nazis begleitet hatte, den Tag darauf mal nichts mit Nazis zu machen. Mein Plan war mir die angekündigte „Revolution“ der Gelben Westen am 1. Dezember 2018 anzuschauen. Davon ausgehend, dass es schon nicht so krass wird, dachte ich es würde mal für etwas Entspannung, ja vielleicht für leichte Unterhaltung sorgen. Es sollte leider anders kommen …

Mein Kalender gab mit drei Termine vor, erst Essen, dann Bochum und zum Abschluss Dortmund, ein Termin der erst recht spät in den Kalender der „Wir machen dicht“ Bewegung eingetragen wurde.

Also mein erster Termin war also Essen. Angekündigt war 12 Uhr und ich machte mich etwas müde aber entspannt auf den Weg. Wie ich später erfuhr, fingen die aber schon gegen 11 Uhr mit einer Blockade im Bereich Hauptbahnhof an, die von der Polizei, mit dem Hinweis diese Versammlung sei nicht angemeldet gewesen, geräumt wurde.

Ich stand also vor dem Bahnhof und wartete und gegen 12 Uhr kamen dann Menschen mit besagten gelben Westen aus dem Bahnhofsgebäude, ich zählte ca. 20. Einige Westen mit Firmenaufschriften wie „Provinzial“ und andere mit Sprüchen bemalt wie „Wir sind das Licht“. Vor dem Bahnhof standen auch Menschen die Flyer¹ verteilten auf denen aufgeklärt wurde was diese „Gelben Westen“ denn so sind und aus welcher Ecke sie sich überwiegend rekrutieren. Die Flyer selbst waren mit dem Logo von „Die Linke“ bedruckt.

Gelbe Westen

Diese Bewegung selbst startete in Frankreich als „Gilets Jaunes“ und bezieht sich auf die Politik Macrons. Auch dort sind oder haben rechte Kräfte die Aktionen unterwandert, ich würde sie aber im weitesten Sinne noch als Querfront bezeichnen. Ein guter Text mit vielen Querverweisen könnt ihr bei „Belltower“ nachlesen. Hier, in Doitschland ist das anders. Es gibt genügend Belege, dass die „Gelben Westen“ eindeutig aus dem rechten Spektrum kommt. Erstmalig bin ich durch Texte dazu des rechten „Frauenbündnis Kandel“ aufmerksam geworden. Mittlerweile versuchen auch die Patrioten NRW sowie Dominik Roeseler, der Gründer von HoGeSa, diese „Bewegung“ für sich zu vereinnahmen. Das bedeutet, allen die da mitmachen muss eigentlich klar sein, mit wem sie sich da gemein machen. Da findet keine Abgrenzung statt und im Gegensatz zu Frankreich steht hier in erster Linie der sogenannte Migrationspakt im Vordergrund. Wo wir dann wieder bei Hetze gegen Geflüchtete sind.

Die Gruppe bewegte sich in Richtung Weihnachtsmarkt und verteilte ihre Flyer², ich begleitete sie und twitterte darüber, nachzulesen unter dem Hashtag #essen0112. Für mich war offensichtlich, dass hier keine mir bekannten Nazis handelten, eher so klassisches Wutbürgertum. Das auch ein bekannter Reichsbürger unter ihnen war habe ich erst später erfahren. Gemeint ist Bernhard S., den ich zuvor schon bei verschiedenen Demos wie „Mütter gegen Gewalt“ in Duisburg und auch in Essen gesehen habe. Auch hier muss die Gruppe sich den Vorwurf gefallen lassen, dass sie wussten auf was und mit wem sie sich einlassen.

Der Journalist

Es sollte aber noch aus anderen Gründen spannend werden. Von Beginn an wurde die Gruppe von einem Mensch mit Kamera begleitet, den ich von vielen rechten Demos in Essen kenne. Zuordnen konnte ich ihn nicht und es wirkte auf mich eher, als wäre er Teil der Gruppe und diese nicht nur journalistisch begleiten. Es wurden in der Gruppe angeregte Gespräche geführt. Irgendwann bemerkten sie auch die kritische Begleitung. Neben mir waren noch zwei weitere Menschen, die eher auf Abstand bedacht waren und wohl berichteten. Es gab keine Konfrontationen oder Gepöbel, alles blieb ruhig.

Sie spazierten über den Weihnachtsmarkt und am Ende der Einkaufsstraße überquerten sie mehrere Ampeln, einige auch als ganze Gruppe bei Rot. Das musste diese Revolution sein dachte ich mir. Ab hier kippte die Stimmung. Menschen die in ihrer Nähe die aufklärenden Flyer verteilten wurden in ‚Gespräche‘ verwickelt, es wurde aber souverän darauf reagiert, alles blieb ruhig. Einem Moment später kam eine ältere Frau zu mir und als ich mich leicht zur Seite drehte. fasste sie mich an. da ist bei mir Schluss, das will ich nicht und forderte das bitte zu unterlassen.

Im weiteren Verlauf wurde es immer aufgeheizter, eine Frau rief laut den Flyer verteilenden Menschen hinterher. Menschen aus der Gruppe heraus wurden verbal übergriffig. Ab diesem Zeitpunkt mischte sich auch der Mensch mit Kamera ein, dieser gab sich, Presseausweis vor meiner Nase fuchtelnd, als Journalist der dpa zu erkennen. Dass das gelogen war, sollte ich erst später erfahren.

Lügenpresse

Er forderte mich auf ihm meinen Presseausweis zu zeigen was ich ablehnte, diese Befugnis hat nur die Polizei, ende. Auch zeigte er mir seinen Ausweis ja ganz ohne Not, es interessierte mich eigentlich nicht. Allerdings hatte ich zu dem Zeitpunkt auch keinen Grund an der Echtheit seiner Aussage zu zweifeln. Das ich mir seinen Ausweis nicht genau angeschaut habe erwies sich nachfolgend als Fehler, der wird mir so nicht wieder passieren.

Mir warf er dann vor, weil ich meinen Ausweis nicht zeigte, so den Begriff „Lügenpresse“ zu prägen und er wohl als einziger im Nachgang die Wahrheit berichten werde. OMG. Ich twitterte dann in Richtung der „dpa“ was denn hier los ist und war für Typen denn da aktiv sind. Dieses öffentliche Nachfragen führte dann zu entsprechenden Reaktionen, das war von mir so gewollt.

Nach ca. zwei Stunden waren die „Gelben Westen“ wieder zurück in Nähe des Bahnhofs und eigentlich war klar, der Spuk ist vorbei und ich war schon dabei mich zu entfernen. Dann sah ich aber eine Gruppe Polizisten bei der Gruppe stehend und ich wollte wissen was los ist und ging zurück und machte ein Foto. Die Gruppe sah mich und einige zeigten mit dem Finger auf mich und ein Beamter kam auf mich zu. Ich blieb dabei vollkommen gelassen. War ja nichts passiert. Er fragte mich was ich tue und ob ich mich ausweisen könne. Auf die Frage warum sagte er die Gruppe hätte sich über mich beschwert. Alles wie immer dachte ich mir und klar konnte ich mich ausweisen. Für meinen Presseausweis interessierte er sich allerdings nicht. Ich kann nicht ausschließen, dass es lediglich darum ging meinen Namen zu erfahren.

Immer nur Nazis …

Wir unterhielten uns ein wenig, dann stieß der angebliche Journalist der dpa dazu und begann mich zu beschimpfen und wurde dabei immer aufgeregter und lauter. Er jammerte, das ich ihm nicht meinen Presseausweis gezeigt habe obwohl er doch seinen … *gähn*. Soweit ich das einschätzen kann, wollte die Polizei eigentlich nur sicherstellen das es keinen Stress gibt. Die Beamten waren im Rahmen der Beaufsichtigung des Weihnachtsmarktes dort eingesetzt.

Dann stieß plötzlich ein zweiter Mensch mit Kamera, den ich ebenfalls von Nazidemos kenne, hinzu. Dieser begann direkt mich verbal anzugehen, ich wäre ja immer nur da, wenn irgendwas mit Rechtsextremisten sei und was ich denn aktuell hier, also in Essen machen würde und ich sei nicht neutral. Kann man sich mal auf der Zunge zergehen lassen, beide werfen mir vor nicht neutral zu sein, positionieren sich aber klar Pro „Gelbe Westen“. Menschen ey …

Es ging ihm wohl in erster Linie darum mehr Druck aufzubauen. Denn immerhin standen mir nun zwei Journalisten (beide wohl Bild, so mein momentanter Wissenstand) und fünf Beamte gegenüber. Koralle allein zu Hause. Die beiden „Kollegen“ versuchten mich immer weiter bei der Polizei zu diskreditieren, wohl in der Hoffnung, dass diese etwas gegen mich unternimmt. Das gelang ihnen nicht und so zogen sie sichtlich erbost von dannen. Unfassbar eigentlich. So ein Verhalten kenne ich eigentlich nur von, ratet mal.

Später kam dann noch der Einsatzleiter der Polizei hinzu, sehr freundlich fragte er dann nach meinem Presseausweis. Bin immer noch erstaunt, dass dieser erst jetzt Thema war. Ich zeigte ihm den Ausweis und auch wir unterhielten uns noch ein wenig. Langsam kam ich wieder runter. Es war emotional alles anstrengender als ich dachte. Ich fragte ihn noch, ob den dieser ‚Spaziergang‘ angemeldet war, weil zuvor eine Blockade derselben Gruppe aufgelöst wurde. Davon wusste er nichts und ich solle mich an die Pressestelle wenden. Diese unterschiedlichen Einschätzungen sind für mich nur schwer nachvollziehbar. Auch weil ich später gehört hatte, dass die Polizei in Bremen wohl die Westen direkt kassiert hat. Die Vermutung ist hier wegen Uniformierung, noch unbestätigt.

Das war der Zeitpunkt mich auf den Weg nach Bochum zu machen, wo „Gelbe Westen“ ab 15 Uhr angekündigt waren. Nur kurz, dort versammelten sich acht Personen und sahen sich mehr als 20 Menschen gegenüber, die bereit waren dagegen zu protestieren. Dazu ist es nicht gekommen, denn die „Gelben“ haben sich nach ca. 45 Minuten wieder verkrümelt. Die Revolution in Bochum blieb aus, ebenso in Dortmund später.

dpa

Zuhause angekommen, es war mittlerweile 19 Uhr, erreichten mich viele Direktnachrichten bei Twitter und auch die „dpa“ äußerte sich öffentlich, dass kein Journalist an dem Tag in Essen eingesetzt war. Mir wurde mitgeteilt, dass dieser Mensch in Essen definitiv kein Mitarbeiter der „Deutschen Presse-Agentur“ war und wurde gebeten das transparent und öffentlich klar zu stellen. Selbstredend tat ich das und ich hätte es auch ohne den Hinweis gemacht. Das gehört zum guten Ton. Mich beruhigte diese Erkenntnis sogar. Enttäuscht bin ich von mir selbst, dass ich in so eine ‚Falle‘ geraten konnte.

Telegram-Gruppe

Die „Gelben Westen“ aus Essen haben und nutzen den Telegram Messenger. Dort ist mittlerweile ein Video, welches mich zeigt und auch meine privaten Daten, wie zum Beispiel meine Wohnadresse, gepostet worden. Auch das ist allen diesen Gruppierungen gemein, aber sie sind ja keine … Ebenfalls wollen sie wohl gegen einen Inhaber eines Edeka vorgehen, weil sie von deren Parkplatz verscheucht wurden. Wutbürgertum at its best.

Gespannt bin ich, ob da noch was nachkommen wird. Halte euch auf dem Laufenden, versprochen.

Nachtrag: Nach meinen Infos sind „Gelbe Westen“ heute ab 16 Uhr in Dortmund angekündigt. Im Stadtgarten und klar werde ich mir auch das anschauen.

Update: Mittlerweile gibt es diesen Blog mit der reinen einzig wahren Wahrheit und was soll ich sagen: OMG. Ein Freund drückte es folgendermaßen aus und dem ist nichts hinzuzufügen:

„Aber der Schreiberling zeigt sehr nett auf, dass es sich 1. um eine nicht angemeldete Demonstration gehandelt hat. Denn auf einem Spaziergang verteilt man keine Flugblätter. 2. Er sehr wohl rechts draußen ist. Denn er schreibt zwar, dass es keine Gewalt gegeben habe, zum vorher selbst erwähnten Vorwurf rechtsextrem zu sein, schreibt er kein Wort. 3. Bedient er sich beim Deppenecho und meint mit denen Übereinstimmen zu müssen.“

¹ Flyer_DieLinke_01122018

² Flyer_GelbeWesten_01122018

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