Die beste Krankheit taugt nichts

Schreibe einen Kommentar
Allgemein / In eigener Sache / Urlaub
Mittelfinger in Richtung der Median Klinik in Heiligendamm

Lange nichts geschrieben und dafür gibt es leider einen verdammt guten Grund und er ist nicht schön. Aber im Einzelnen …

Im Jahr 2014 hatte ich meine erste OP an der Lunge, eine sogenannte Lungenvolumenreduktion, war eine Empfehlung der Ärzte und mit der nachfolgenden Verbesserung meiner Situation auch die richtige Entscheidung. Es sollten direkt beide Seiten operiert werden, das hat allerdings nur so mittelgut funktioniert – also gar nicht. Nach der OP teilte mir die Oberärztin mit, dass sie nur eine Seite wegen ‚Komplikationen‘ gemacht hatten.  Ein Hammer, wenn man bedenkt, dass dies wiederholte Vollnarkose und alles bedeutete, aber daran ändern konnte ich auch nichts.

Also irgendwann in naher Zukunft eine weitere OP. Zeitnah war allerdings nicht, ich habe sie, auch aus Angst und eigentlich kein Bock auf den Scheiß, immer wieder weggeschoben, merkte aber unter Belastung, dass sie erforderlich war und entschied mich im Frühjahr 2018 das anzugehen. Termin in der Klinik gemacht, alles abgesprochen und zack, der Mai 2018 sollte es sein.

Die Operation an der Lunge

Die eigentliche OP verlief gut und ich hab noch im Aufwachraum mein reguläres Mittagessen ‚verlangt‘, die Pfleger*innen staunten nicht schlecht. Nach einem Tag auf der Intensivstation ging es dann auf das normale Zimmer. Dort hatte ich nichts besseres zu tun als mir am ersten Abend den Schmerzkatheter aus dem Rücken zu ziehen, nicht absichtlich, aber der war raus und konnte nicht direkt neu gelegt werden. So nah am Rückenmark rumfummeln ist auch nicht so dolle, weshalb ich mich gegen das komplett neu legen entschied und ab sofort Oxi verordnet bekommen habe. Meine Suchtgeschichte war bekannt und das erfolgte mit Absprache. Nicht unwichichtig das zu erwähnen finde ich.

Mobilisierung lief richtig gut, schon am zweiten Tag konnte ich selbstständig alles machen was was nötig war und nach acht Tagen war ich raus aus der Klinik. Das sollte aber nicht das Ende sein. Die Folgen des Eingriffs und alles werden mich noch Monate beschäftigen, im positiven Sinne. Keine Sorge.

Ich dachte nach so einem Eingriff ist sowas wie eine „Kur“ angemessen und erkundigte mich. Heute weiß ich, ich hätte es lassen sollen. Später dazu mehr. Nach nur drei Stunden hatte ich die Zusage vom Sozialdienst und es sollte nach Heiligendamm an die Ostsee gehen. Ich freute mich, schließlich hatte ich keinen Schimmer was mich dort erwartete. Kur war für mich irgendwas wie Erholung, ein Urlaub und vieeeel Entspannung. Jaaaa, nichts da. Wenn ihr sowas angeboten bekommt, rennt so schnell ihr könnt. Nein, Scherz, es gibt genug Gründe sowas durchzuziehen und nicht alles war schlecht. Für mich ist halt einfach sehr viel schlecht gelaufen. Passiert.

Die Anschlussheilbehandlung

Schon der Start dieser sogenannten Anschlussheilbehandlung (AHB) war eine Katastrophe. Im Klinikum der OP fühlte sich niemand mehr zuständig, ich war ja kein Patient mehr. Ergo musste ich zwischen Rentenversicherung und Median Klinik als Mittler in Erscheinung treten. Die kamen nicht auf die Idee direkt miteinander zu kommunizieren. Führte im Endeffekt dazu, dass der Termin insgesamt vier mal verschoben wurde und ich als Patient mich um alles kümmern musste. Ich hätte es an dem Punkt einfach absagen sollen, aber hey, die Ostsee lockte und ich wollte dahin.

Am 19. Juni war es dann soweit, Anreise mit Schmerzen, anstrengende Zugfahrt und das alles. Hätte ich hier nicht liebe Menschen gehabt, die mich im Vorfeld massiv unterstützt hätten, ich wäre sicher an den Aufgaben gescheitert. Danke an euch ihr Lieben. Wisst schon.

Ich mach es kurz, die Klinik ist OK, das Personal überwiegend auch, mit Kur hat das alles nichts mehr zu tun, den Begriff gibt es so auch gar nicht mehr. Es ist eine Mischung aus Sport und Gruppengedöns. Im Besonderen das Letztere ist für mich die Hölle gewesen. Fragt nicht. Nach einer Woche war ich z.B. kaum noch im Essenssaal. 300 Menschen die während des Essens nichts besseres zu tun haben, als sich immer und immer wieder ihre Lebens- und Leidensgeschichte zu erzählen. Wer bitte braucht oder will sowas?

Mittendrin wollte ich mehrfach abbrechen und hatte sogar schon mit der Rentenversicherung telefoniert. Mich überforderten die Bedingungen dort und in Gesprächen hörte ich raus, ich war nicht die einzige Person der es so ging. Dazu kam, dass mir in der ersten Woche bei einer Atem-Reflektions-Massage (von den Griffen nicht zu vergleichen mit einer ’normalen‘ Massage) ein Nerv eingeklemmt wurde. Ich konnte mich von da an kaum bewegen, toll, wenn es in der AHB eigentlich darum geht zu mobilisieren. Mein Programm wurde entsprechend angepasst also entschärft und in der zweiten Woche verbrannte man mir, weil es noch nicht genug war,  bei einer Fango noch den Rücken. Fragt nicht … Das wurde daraufhin auch wieder abgesetzt. Wie scheiße kann es eigentlich laufen frage ich?

Klar, warum nicht auch noch ein Tumor!11

Aber der Hammer kommt noch. Nach der ersten Woche Krankenhaus, also direkt nach der OP wuchs da was an meinem Arm. Erst dachte ich so, ach, ein Pickel, nun gut. Dann zuhause wuchs er weiter und es wirkte also wollte da was raus. Also eine Furunkel oder sowas, auch mein Hausarzt war der Meinung und verschrieb eine Salbe. Nichts änderte sich, das Dingens wuchs weiter und veränderte sich, also entschied ich mich drei Tage vor Abreise nach Heiligendamm meinen Hautarzt aufzusuchen (hätte ich das mal früher gemacht …).

Er sagte sofort das muss raus, gut, wollte ich ja auch, aber dann war da die Reise zur Ostsee einige Tage später. Wir entschieden uns, die neue, notwendig gewordene OP (WAS ZUM …) nach der Reha durchzuführen. Eine weitere Fehlentscheidung für meine mittlerweile lange Liste, auch wenn der Hautarzt der Meinung war, dass diese Wucherung (Tumor) nicht bösartig ist, reichte es mir und meinem Bewusstsein um die ganzen Wochen an der See zu verhageln. Ich war nicht einmal baden und Sonne habe ich gemieden wo es nur ging. Ein Träumchen. Meinen Tumor am Arm hatte ich mittlerweile „Bernd“ genannt, schließlich war er zu einem täglichen und wenig erfreulichen Begleiter geworden.

Home, sweet Home

Nach vier Wochen ging es dann wieder nachhause und ich war froh, denn das bedeutet auch, dass der OP-Termin am 1. August näher rückte. Dieser ständige, leicht brennende Schmerz hatte „Bernd“ zu einer echten Nervensäge werden lassen. Eine Trennung war längst überfällig und einige von euch haben ja mitbekommen, dass diese OP gut verlaufen ist und Bernd endlich Geschichte ist.

Das Ergebnis der Gewebeprobe steht noch aus, aber alle Zeichen stehen auf es ist nochmal gut gegangen. Bei der Operation sprach der Hautarzt von „wild gewordene Alterswarze“ und das klingt nicht nur erleichternd, sondern wäre auch ein cooler Name für eine Punkband. Die erste Single soll übrigens „Karzinomen est Omen“ heißen.

Nun entlasse ich euch, soweit ihr bis zum Ende gelesen habt. Falls wer schöne Bilder und Videos von der Ostsee sehen möchte, kann das unter dem Hashtag #kuralle tun. Lohnt sich trotz der widrigen Umstände. :)

Mittlerweile bin ich auch wieder im jetzt angekommen und habe am 4. August eine Demo begleitet. Läuft (wieder) bei mir.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert