Chemnitz #c2708 – Ein Erfahrungsbericht

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Antifa / Demonstrationen / Gastbeitrag
Demonstrant zeigt einen geöffneten Schrim auf dem "No Nazis" steht.

Ein Mensch der gestern, am 27. August in Chemnitz, an den antifaschistischen Protesten teilgenommen hat, hat mir einen Erfahrungsbericht zukommen lassen. Mir wurde auf Nachfrage erlaubt diesen öffentlich machen. Für mich war es  vor dem Twitter-Stream sitzend teilweise unerträglich alles mitzulesen was dort vor sich ging. Nun können wir nachlesen, wie es einem Menschen vor Ort gegangen ist.

Ich möchte hier nochmal zum Ausdruck bringen, wie dankbar ich jedem einzelnen Menschen bin der gestern in Chemnitz auf der Straße war. #DankeAntifa

„Ahoi,… vorab sorry für die Rechtschreibung … fassungslos von dem was gestern in Chemnitz passiert ist. Nach einer kurzen Nacht mit vielen Gedanken überwiegt die Wut und Ohnmacht. 6 Stunden Anreise zum Gegenprotest. Es war mir innerlich bewuszt, was auf ein zukommen würde. Freude als der Zug nach Chemnitz voll wurde. Korrekte Menschen waren da. Es wurde diskutiert was möglich sein könnte. Laute Parolen von Bahnhof Richtung Kundgebungsplatz. Ernüchterung als wir merkten wie wenige wir waren und vor allem wie wenig Cops eingesetzt wurden.

Surreal wurde es, als immer mehr fcknzs zu ihrer Kundgebung strömten. Teilweise liefen Faschos durch den Gegenprotest um zu ihren Protest zu kommen. Cops hatten massive Probleme von Beginn hier zu trennen. Gruselig wurde es als eins den Blick rechts von der Marx Büste die Strasze hoch schweifen liesz. Mehrere Hundert Faschos und besorgte Bürger unter Bäumen. Knapp 1 Stunde lang stand eins sich gegenüber. Parolen wurden gerufen. Pfiffe ertönten sowie Redebeiträge der Nazis durch die Anlage hallten.

Als sich der Mob in Bewegung setzte eine koordinierte Aktion der Faschos. Durch ein Megafon die metallene Stimme: „jetzt gehts los“. Böller, Flaschen und Raketen flogen. Faschos versuchen durchzubrechen. Panik bei den Afas. Cops schaffen es die Faschos daran zu hindern. Einige Afas werden von den Cops geprügelt. Sollen weggehen, in den Park. Wir sammeln uns bei unserer Anlage. Aufgrund der mangelnden Polizeipräsens können wir unsere Demoroute nicht laufen. Polizei bittet den BlackBlock ihre eigene Kundgebung zu schützen. Die Cops könnten nicht für Sicherheit garantieren.

Wir bleiben im Park, das Risiko ist zu hoch. Wir sind zu wenige die einen Angriff abwehren könnten. Das Gerücht macht die Runde, dass Faschos durch ein Gebäude zu unserer Kundgebung durchbrechen. Selbstschutz wird verstärkt. Erneut kurze Panik, während am Open Mic „give peace a chance“ geträllert wird.

Mittlerweile ist es dunkel und wir warten bis der Mob seine Runde gedreht hat um gemeinsam zum Bahnhof zu kommen. Es dauert bis wir uns aufgestellt haben. Recht planlos und leicht chaotisch gehen wir los. Unterschiedliche Ansagen ob es Schutz durch die Cops für den Weg zum Bahnhof gibt. Ohne Cops ziehen wir los und überqueren eine grosze Kreuzung. Ca. 30 Riotcops laufen plötzlich auf uns zu. Wir fangen an zu rennen und zersplittern uns. Nachdem wir uns wieder gesammelt haben, wird klar das sie uns für Faschos hielten.

Wir laufen dicht an dicht. Ketten wurden gebildet. Es wird gesungen auf dem Weg. Plötzlich ein Knall. Eine Kleingruppe von Nazis versucht es nochmal. Endlich am Bahnhof, endlich im Zug. Wir sichern die Fenster und Türen an jeder Haltestelle. Die Anspannung löst sich. Berichte von verletzten Afas und Journalisten machen die Runde.

Fazit: während der Zeit in Chemnitz waren alle die am Gegenprotest teilgenommen haben einer massiven Gefahr ausgesetzt. Niemand hätte uns schützen können wär der Mob richtig frei gedreht. Unter unseren Teilnehmer_innen waren zu viele ohne Erfahrung mit solchen Situationen. Es waren vielleicht 200 Personen die solch einer Situation gewachsen waren.

Wir schreiben immer Pogrome verhindern. Aber wo waren gestern die Macker und Prolls, die „nzs bxn“ abfeiern? Das was die letzten zwei Tage passiert ist, ist eine Initialzündung für die gesamte rechte Szene in der BRD.

Antifaschistischer Widerstand ist notwendiger denn je! Nicht nur mackern und sich selbst in seiner Blase feiern. Wir müssen wieder handlungsfähig werden und Solidarität leben.“

Nachtrag

Ich weiß nicht wie es euch ging, mir stockte beim Lesen an vielen Stellen der Atem und es bleibt ein Gefühl, dass wir das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht haben. Es ist ein großes Elend.

Zum Abschluss noch ein Tweet aus einem protected Account, der treffender nicht sein könnte:

„Ich denke so persönlich, dass wir als „Linke“ gegen Nazis, die Gewalt immer mitdenken und bereit sind, diese auszuüben, überhaupt nicht gut aufgestellt sind.

Und die Polizei wird uns nicht retten.“

1 Kommentare

  1. morgän sagt

    Sehr krasser Bericht.Solche Situationen kenne ich auch aus meiner Heimatstadt(?) Essen. auch ohne Demonstrationen oder Kundgebungen,im ganz normalen Alltag,am Helligkeit Tag, wurden wir von Faschismus gejagt,verprügelt etc. (War gerade erst 15 Jahre alt mit Parka und exploited aufnäher .die Faschos waren Erwachsene Kampferprobte Männer ) Den Bullen(von der Gerlingswache ) waren das Ziemlich gleichgültig und wurden selbst von denen schikaniert.Das war 1996,es wird immer schlimmer.Was jetzt zur zeit abgeht,und die (ekelh)AFD die angst der Bevölkerung ausnutzt um richtig an die parteiSpitze zu kommen,… Menschen werden gejagt, Häuser brennen,Schlägertrupps maschieren durch Deutsche Städte. …………waren das nicht die gleichen Methoden wie 1933? ISt es wieder soweit (ein 3.Reich 2.0.)?

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