Kein schöner Samstag

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Antifa
Treffpunkt Kampstraße

Es wurde im Vorfeld viel geplant, für ihn geworben und viel über ihn geschrieben. Über den Samstag, den 28. März, den 10. Todestag von Thomas „Schmuddel“ Schulz, der brutal von dem Neonazi Sven Kahlin in der U-Bahn Station Kampstraße ermordet wurde.

Wie jedes Jahr wurden auch dieses Mal Gedenkveranstaltungen durchgeführt. Dieser 10. Todestag sollte aber etwas Besonderes werden. Und weil die Dortmunder Nazis zurzeit keine Provokation auslassen, hatten auch sie angekündigt, einen Marsch und ein Rechtsrock-Konzert auf die Beine zu stellen. Die Nazis wollten den Mord, der offiziell als Totschlag gewertet wurde, von Schmuddel feiern …

Viele angemeldete Aktionen

Die Antifaschistische Union Dortmund (AUDO) hatte seit Langem eine Demo gegen rechte Gewalt im Sinn. Von Anfang haben sie auch klar gemacht, diese Pläne nicht geändert werden, unabhängig davon, ob Nazis aktiv werden, oder nicht. Wie ich finde die richtige Entscheidung, schließlich ist es genau das, ein Tag des Gedenkens.

Wir, also BlockaDO, hatten als Blockade-Bündnis direkte Gegenaktionen geplant und entsprechend dafür mobilisiert. Es sollte aber anders kommen. Die Polizei hat auf die Ankündigungen reagiert und massiv Menschen und Material nach Dortmund geholt. Von 3000 Polizist*innen war die Rede inklusive Spezialeinheiten wie das USK aus Bayern. Berüchtigt für ihre brutale Vorgehensweise.

Auch das Bündnis Do-Nazifrei und der Arbeitskreis gegen Rechtsextremismus hatten Aktionen angemeldet.

Der Tag in Zahlen

Auch die Nazis haben schon Wochen zuvor mobilisiert und für eine Überraschung sorgte die Ankündigung der Organisator*innen von HoGeSa sich an den Provokationen beteiligen zu wollen. Von einem Köln 2.0 war die Rede. Schlussendlich waren insgesamt fast 900 von ihnen gekommen und war somit einer der größten Aufmärsche von Neonazis der letzten Jahre.

An der Demo gegen Rechte Gewalt haben 1500 Antifaschist*innen teilgenommen, andere Aktionen brachten es auf ca. 500 Teilnehmer*innen.

Zusammengefasst:

  • 3000 Polizist*innen
  • 2000 Menschen gegen Rechts
  • 900 Nazis

Die Polizei

Am Freitag, einen Tag vorher gab die Polizei eine Pressekonferenz und alle waren neugierig wegen der vielen noch fehlenden Informationen. Weder die Route noch den Auftrittsort der Nazibands waren bekannt. Polizeipräsident (PP) Lange eröffnete mit einer klaren Ansage. Er gab unmissverständlich zu verstehen, dass Verhinderungsblockaden (!), so wie er es nannte, nicht geduldet würden. Ein krasser Strategiewechsel. Dass die Einsatzkräfte gewillt waren, dass auch mit aller Härte durchzusetzen wird an den Zahlen und dem Einsatz des USK schnell klar.

Zwar wurde versucht, sowohl den Marsch wie auch das Konzert der Rechten zu verbieten. Das OVG (Oberverwaltungsgericht) entschied zugunsten der Nazis. Nichts Neues – gab es in den letzten Jahren doch immer wieder Verbotsversuche, die ebenfalls scheiterten.

Das Unverständnis war groß, als selbst auf der Pressekonferenz weder die Route noch der Auftrittsort „auch aus Sicherheitsgründen“ bekannt gegeben wurden. Mensch möchte an der Stelle von Kooperation sprechen, eigentlich unvorstellbar, aber meiner Meinung nach hat sich die Polizeiführung an diesem Samstag zum ‚Komplizen‘ der Nazis gemacht. Ich bin gespannt, ob das ein Nachspiel haben wird.

BlockaDO

Treffpunkt des Bündnisses war für 10:30 Uhr an der U-Bahn Haltestelle Kampstraße angesetzt und die Chancen standen gut, dass alle Menschen diesen Tag an beiden Aktionen würden teilnehmen können. Die Demo von AUDO war erst für 14 Uhr geplant. Wir hatten die Rechnung allerdings ohne das massive Polizeiaufgebot gemacht. Als wir uns in beachtlicher Zahl auf den Weg gemacht haben, wurden wir bereits nach 200 Metern gekesselt. Es gab vereinzelte kleinere Gruppen, die sich lösen konnten und auf eigene Faust versuchten zur Haltestelle Stadthaus, dem Versammlungsort der Nazis, zu gelangen.

Dort gab es kleine Blockaden, die aufgrund von zu wenigen Menschen nicht von Dauer waren. Als der Kessel Kampstraße aufgelöst und uns erlaubt wurde zum Ausgangspunkt zurückzugehen, entschieden wir uns dazu nach Dorstfeld zu mobilisieren, um sich der AUDO-Demo anzuschließen.

AUDO

An der S-Bahn Haltestelle Dorstfeld versammelten sich 1500 Menschen, um gemeinsam und lautstark gegen rechte Gewalt zu demonstrieren. Die Route sollte am Wilhelmsplatz vorbei führen, dem täglichen Treffpunkt der dort wohnenden Nazis. Ein wichtiges Zeichen. Unter dem Vorwand, wir seinen fünf Mal so viele Teilnehmer*innen wie angemeldet waren, wurde die kooperierte Strecke nicht erlaubt.

Unfassbar für uns, wurde den Nazis nicht nur eine lukrative Route durch die westliche Innenstadt geschenkt, durften sie das Konzert auf einem Parkplatz vor der Kulisse des Westfalenstadions durchzuführen. Ein Affront und Schlag ins Gesicht für alle Menschen, die sich in Dortmund gegen Neonazis engagieren. Der BVB meldete sich zu Wort und ließ verlauten, dass die Lichter im Stadion ausgemacht werden. Immerhin.

Nach Langem hin und her und Unverständnis, nicht am Wilhelmsplatz vorbei gehen zu können, haben wir die geänderte Route, direkter Weg über die Rheinische Straße, akzeptiert. Ich selber habe die Demo nicht mitgehen können. Dem Ticker war zu entnehmen, dass die Stimmung auf dem ganzen Weg angespannt war und die Polizei immer wieder versuchte, zu provozieren. Dass die Cops ihr Ziel nicht erreichten, ist der Besonnenheit der Teilnehmer*innen zu verdanken. Kleine Anmerkung am Rande, an einem der Fenster in Dorstfeld stehend, hatten Menschen den Hitlergruß gezeigt. Für die Polizei offensichtlich kein Problem.

Am Wall, in höhe des U-Turms, wurde die Demo gestoppt, was die ohnehin schon angespannte Atmosphäre weiter aufgeladen hat und wieder wurde gekesselt. Ein*e Teilnehmer*in im Kessel bekam einen epileptischen Anfall und musste behandelt werden. Die Polizei ging immer wieder in die Menge, um einzelne Personen herauszuziehen. Zu dem Zeitpunkt war die Demo bereits offiziell aufgelöst.

Rauchfackeln und Pyros

Als Folge von wiederholten Provokationen und der hier offenen Gewalt der Polizei haben einige Rauchfackeln und Pyros gezündet. Von Letzteren ist auf den Bildern von PM Cheung lediglich eine zu sehen. Natürlich werden diese Bilder aufgegriffen, um Antifaschist*innen zu kriminalisieren. Diese Mechanismen sind so vorhersehbar wie langweilig. Vor allem aber muss der Betrachter den Status quo nicht infrage stellen, auch ist klar, wer die Bösen sind. Hagen Rether hat mal etwas sehr schönes diesbezüglich gesagt.

In der abschließenden PM schreibt die Polizei überraschend von neun verletzten Einsatzkräften. Ebenso geheimnisvoll, wie die angeblich 14 verletzten nach der Blockade des Platzes oberhalb der Katharinentreppe im August letzten Jahres.

Irgendwann wurde auch dieser Kessel beendet und die Menschen durften den Ort verlassen. Die meisten der angereisten Menschen bewegten sich in Richtung Hauptbahnhof und machten sich auf den Heimweg.

Fazit

Die Mobilisierung von AUDO und BlockaDO war hervorragend. 1500 Menschen sind ein großartiges Ergebnis und lässt für die Zukunft hoffen.

Die Polizei hat sich wiederholt als Helfer der Nazis instrumentalisieren lassen. Diese Entwicklung zeigte sich bereits in den letzen Wochen, in denen die Nazis nahezu störungsfrei in der Nähe von Unterkünften für Geflüchtete ihre widerliche Hetze verbreiten konnten.

Für den kommenden Montag haben die Nazis eine Veranstaltung gegen die Unterkünfte in Dortmund Mengede angemeldet …

Pressemitteilungen und Fotos

PM von BlockaDO
PM von AUDO
Fotogalerie der Antifa-Demo (PM Cheung)
Bilder des Naziaufmarsches (Recherche Nord)

Headerbild © BlockaDO

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